Donnerstag, 28. Januar 2016

74: Argentinien: Seengebiet von Esquel bis Nationalpark Lanín (12.-26.01.2016)


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Der Nationalpark Los Alerces verdankt seinen Namen den bis zu 70 Meter hoch werdenden, uralten Bäumen, die auch patagonische Zypresse genannt werden. Obwohl der Park riesengroß ist, schaffen wir es, keine einzige Alerce zu sehen. Dafür müsste man mit dem Boot eine teure Tour zum anderen Ende des Parks unternehmen. Aber wir als erklärte Botanik-Laien sind nicht wegen der Bäume hier, sondern wegen der herrlichen Seen, Berge und Wanderungen. Und davon gibt es jede Menge, obwohl wegen eines großen Feuers im März 2015 noch einige der Wanderwege gesperrt sind.

Herzstück des Parks ist der Lago Futalaufquén, an dem man die meiste Zeit entlang fährt.

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Die Fahrt ist landschaftlich einmalig. Die Straße auch. Nämlich einmalig schlecht. Wieder mal Schotterpiste mit starkem Wellblech.

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Man kann sich kaum auf die herrliche Landschaft konzentrieren, und fährt man durch eigentlich grüne Wälder, sieht man vor lauter Staub nur grau. So – jetzt genug gemeckert, trotz allem ist der Park einfach wunderschön.

Es gibt jede Menge Campingplätze direkt am See, viele davon sogar kostenlos (nachdem man die einmalige Parkeintrittsgebühr von ca. 7 Euro pro Person bezahlt hat). Einer der besonders schönen Campingplätze ist der Playa El Francés:

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Auf Grund der Ferien – jetzt ist absolute Hauptsaison und alle, wirklich alle Argentinier sind auf den Urlaubsbeinen – sind die Plätze allerdings ziemlich voll, und wir finden glücklicherweise einen netten Platz direkt an einem Fluss, an dem wir uns für vier Tage einquartieren. Von hier aus unternehmen wir Wanderungen, wie zum Beispiel zur Laguna Escondida. Der Wanderweg hinauf zur “versteckten Lagune” ist sehr steil und staubig, aber landschaftlich herrlich. Man läuft zum Teil durch dichten Bambuswald und wird oben mit der kleinen, aber feinen Lagune belohnt, in der man sich sogar abfrischen kann. Mann – wohlgemerkt. Für Frau ist es doch etwas zu kalt. Sie genießt lieber den tollen Blick vom Mirador auf den Lago Menéndez.

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Nachdem wir schon mehrere Wochen keinen Gletscher mehr gesehen haben, freuen wir uns über den Anblick des gegenüber liegenden Cerro Torrecillas (2.253 m):

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Da wir direkt an der Quebrada del León campen, müssen wir natürlich auch zum gleichnamigen Wasserfall hinaufklettern.

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Auch wenn wir uns jetzt wieder auf die Aufklärung eines fach- und sachkundigen Lesers verlassen müssen, wollen wir wenigstens ein Foto der Bäume veröffentlichen, die uns so gut gefallen:

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Wir genießen die vier Tage im Park und lassen uns das gute argentinische Steak am Lagerfeuer schmecken. Wobei ein richtiger Argentinier über unsere jämmerlichen Fleischstücke nur lachen kann. Hier wird richtig gegrillt. Asado heißt das Zauberwort. Mit Scheiben gibt man sich hier nicht ab, hier muss es mindestens ein ganzes Schaf sein:

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Eigentlich wollen wir den Park komplett von Süd nach Nord durchqueren, aber der schlechte Schotter macht uns und dem Bulli das Leben richtig schwer. So verlassen wir den Park lieber wieder durch den Südeingang bei Futalaufquén und kommen somit nochmal durch den netten Ort Esquel. Von dort geht’s aber jetzt Richtung Norden, immer auf der Ruta 40.

Schon bald werden wir magnetisch vom nächsten See angezogen, dem Lago Epuyén. Er lag eigentlich gar nicht auf unserer geplanten Route, umso mehr sind wir begeistert, dass man hier sogar eine 12 Kilometer lange Wanderung am See unternehmen kann.

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Die Wanderung ist ausgesprochen abwechslungsreich. Mal geht es über kleinere Bergrücken, mal direkt am See entlang, wie hier sogar mit Kettensicherung.

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Immer wieder muss man Flüsse überqueren.

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Und am Ende wartet die Bahía las Percas, eine einsame, herrliche Bucht mit glasklarem Wasser. Auf der ganzen Wanderung sind wir nur zwei Wanderern begegnet. Und einem Pferd. Und das in der Hauptsaison.

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Am nächsten Tag erreichen wir El Bolsón, auf das wir uns so sehr gefreut hatten. El Bolsón ist die Hippie-Hochburg Argentiniens, aber so was von überlaufen! Am Visitor Center stehen die Horden von Backpackern bis weit auf die Straße hinaus. Wir stellen uns brav an, um Informationen zum Nationalpark Lago Puelo zu bekommen. Als wir erfahren, dass der Eintritt zu dem Nationalpark diese Woche frei ist – ja, sogar die Parkranger haben Urlaub – beschließen wir, lieber nicht hinzufahren. Denn dort muss der Teufel los sein. Als wir den staubigen Ort verlassen haben, stellen wir fest, dass wir nicht ein einziges Foto gemacht haben.

50 Kilometer südlich von Bariloche entdecken wir einen Traumplatz direkt am Lago Guillelmo. Hier bleiben wir gleich vier Nächte. Es ist herrlich, am See entlang zu wandern.

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Und immer mal wieder in die erfrischenden Fluten zu springen.

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Ohne Hut geht übrigens gar nichts. Die Sonne brennt dermaßen stark herab, dass man sich kaum in der Sonne aufhalten kann. Nicht wegen der Temperaturen – die sehr erträglich sind. Aber die Sonneneinstrahlung ist extrem.

Hier am Lago Guillelmo ist es wirklich wie im Paradies. Nur ganz wenige Menschen verlaufen sich hierher. Vielleicht liegt es am Schild “Achtung: hohes Aufkommen von Nagetieren” oder an der schlechten Zufahrt. Wir sind fast alleine. FAST. Denn nicht die Nagetiere sind es, die uns das Leben schwer machen, sondern ganze Hundertschaften von Tábanos, ganz fiese Pferdebremsen, die sich in dieser Gegend um diese Jahreszeit über einen hermachen. Sie beißen sich am ganzen Körper fest, am liebsten aber im Gesicht, möglichst hinter der Sonnenbrille. Ein Horror. Aber: irgendwas ist bekanntlich immer.

Vom Lago Guillelmo fahren wir nach San Carlos de Bariloche, der größten Stadt am Rande der patagonischen Anden. Die Stadt mitsamt Umgebung nennt sich die “Schweiz Argentiniens”, was man am besten am Centro Civico erkennen kann:

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Sogar der Bernhardiner mit Fässchen um den Hals darf hier nicht fehlen.

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Wir quälen uns durch die Besucherströme, sind aber froh, dass wir endlich einige Dinge erledigen können, wie zum Beispiel unsere beiden Kameras endlich reparieren zu lassen.

Es gibt schöne Shoppingcenter, und nach den vielen Wochen in der Natur genießen wir es, durch die sehr gepflegten Malls mit ihren vielen Outdoorläden zu schlendern.

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Wer mich kennt, weiß, dass ich mich schon lange auf diesen Ort freue. Denn unser Reiseführer schreibt, Bariloche sei die Hauptstadt der Schokolade, in der Stadt rieche es förmlich nach Schokolade. Und das ist nicht übertrieben. Jeder zweite Laden ist ein Schokoladenladen, und in den meisten Läden darf man sogar etwas von der leckeren Schokolade naschen oder bei deren Herstellung zuschauen.

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Thomas, den Schokoladenläden ungefähr genauso interessieren wie mich Elektronikläden, erträgt meinen Schokomarathon mit einer Eselsgeduld. Und ist froh, dass Bariloche auch noch etwas anderes zu bieten hat, nämlich zum Beispiel eine sehr schöne neogotische Kathedrale, die 1946 erbaut wurde, deren Inneres uns wegen der eigenartigen Öffnungszeiten aber leider verborgen bleibt. Und hier mal wieder ein Suchbild: wo ist der kleine Thomas?

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Bariloche ist an einen Hang gebaut, und zum Teil erinnern die Straßen ein bisschen an San Francisco:

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Was kein Reiseführer empfiehlt, aber auf jeden Fall einen Abstecher lohnt, ist das Hostel “Penthouse 1004”. Es liegt im 10. Stock eines Appartmentgebäudes direkt in der Nähe des Hauptplatzes. Wir kommen eigentlich nur, um unsere gelesenen Bücher zu tauschen, sind aber begeistert von den netten Leuten und dem richtig coolen Ambiente. Von der Terrasse aus hat man einen wunderbaren Blick über den Lago Nahuel Huapi.

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Wir unterhalten uns lange mit den Gästen aus aller Welt und dem wirklich liebenswerten Personal, finden viele schöne Bücher und dürfen das WiFi benützen. Eine tolle Adresse, selbst wenn man kein Hostel braucht.

Als wir Bariloche verlassen und uns auf den Rückweg zum Lago Guillelmo machen, ist es schon fast dunkel, und die ganz besonderen Felsformationen der umliegenden Berge erscheinen nur noch als Scherenschnitt:

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Am nächsten Morgen machen wir uns wieder früh auf, denn heute wollen wir von Bariloche aus den berühmten Circuito Chico mit dem Fahrrad erkunden. Der Circuito Chico ist eine 60 Kilometer lange Rundfahrt durch schönste Seen- und Gebirgslandschaft. Bereits kurz hinter Bariloche kann man immer wieder herrliche Aussichten genießen:

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Die eigentliche Runde (27 Kilometer) bestreiten wir dann mit dem Fahrrad. Wir bleiben immer wieder stehen und genießen die schöne Landschaft.

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Das Hotel Llao-Llao ist angeblich (und wir glauben das gerne) das schönstgelegene Hotel Argentiniens.

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Selbst uns Nicht-Golfern bleibt beim Anblick des hoteleigenen Golfplatzes die Spucke weg (an unsere Bremer Freunde: macht schon mal die Grete fertig, das ist was für euch!!).

Die Straße schlängelt sich zwischen verschiedenen Seen hindurch, die mal grün, mal tiefblau schimmern. Eine schönere Radlstrecke kann man sich nicht vorstellen.

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Und so lästig die vielen Anstiege auch sind, sie bieten immer wieder schöne Aussichtspunkte, an denen man sich von der Anstrengung erholen kann.

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Noch einmal fahren wir die 50 Kilometer zurück zum Lago Guillelmo, wo wir für den nächsten Tag einen “ganz Schlappen” eingeplant haben. Baden, sonnen, lesen und abhängen am wunderschönen glasklaren Wasser:

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Erst nach fünf Tagen trennen wir uns schweren Herzens von unserem Lieblingsplatz und machen uns auf zur Ruta de los Siete Lagos, der Straße der Sieben Seen, die von Bariloche nach San Martín de los Andes führt. An dieser Traumstraße wohnen natürlich die Schönen und Reichen, und obwohl wir weder schön noch reich sind, sondern eigentlich nur “und”, fühlen wir uns hier sehr wohl.

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Besonders nett ist der gepflegte Ferienort Villa Angostura. Leider von Horden wildgewordener Urlauber überrannt. Auch hier wieder viel Schokolade und originelle Gebäude:

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Auf der Ruta de los Siete Lagos passiert man noch mehr als nur sieben Seen. Das Wetter ist traumhaft, die Campingplätze überfüllt, die Straßen gesäumt von unzähligen Backpackern, die per Anhalter mitgenommen werden wollen. An manchen Stellen erinnert die Straße an die Tour de France, wo man sich durch die Menschenmenge links und rechts der Fahrbahn schlängeln muss. Wir machen einen Abstecher zum weniger besuchten Lago Traful. Wie immer “wohnen” wir versteckt im Wald am Fluss, verbringen aber einen Teil des Tages am Campingplatz mit den lustigen und feierfreudigen Argentiniern.

Hüttengaudi auf argentinisch! Die beiden spielen keinen Tango, sondern eher bayrische Hüttenmusik. Als wir ihnen erklären, dass dies klingt wie bei uns zu Hause, sind die beiden nicht mehr zu bremsen. Aus Höflichkeit – und weil es uns wirklich gut gefällt – verbringen wir lange Zeit bei ihnen.

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Wir schlendern noch über den Campingplatz am See und entdecken mal wieder lustige Wohnwägen. Denn hier in Argentinien steckt der Wohnmobilboom noch in den Kinderschuhen. Man verreist hauptsächlich mit Wohnwagen und fühlt sich so ins Deutschland der 60er Jahre zurückversetzt.

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In San Martín de los Andes erreichen wir das Ende der Traumstrecke der Sieben Seen. Den nahegelegenen Nationalpark Lanín wollen wir noch besuchen, vor allem den Vulkan Lanín, den mit 3.776 m angeblich schönsten Berg Argentiniens. Im Nationalparkbüro in San Martín de los Andes statten wir uns mit Infomaterial über den Park aus.

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Wir wollen hauptsächlich nochmal zum Vulkan, den wir ja schon vor drei Monaten von der chilenischen Seite aus zum Teil bestiegen haben. Aber irgendwie war das von Chile aus besser. Schon die Zufahrt ist auf den letzten 10 Kilometern schlechte Schotterpiste. Diese kaputte Brücke war noch der beste Teil:

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Brücken wie diese sieht man in Argentinien sowie in Chile übrigens oft. Die losen Bretter werden scheinbar nie mehr befestigt, und beim Überfahren klappert und scheppert es, während die Bretter durch die Gegend fliegen. Man ist immer froh, wenn zumindest keine Nägel aus den Brettern herausragen.

Mit dem Wetter haben wir heute kein Glück. Die Wolkendecke löst sich kaum auf, ein starker Wind bläst. Wir wandern zum Vulkan hinauf soweit es geht und freuen uns, als wir den Berg zumindest in einer Wolkenlücke für kurze Zeit erspähen können.

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Eigentlich wollen wir hier oben übernachten, aber der starke Wind staubt uns von Kopf bis Fuß ein, die ganze Landschaft hier scheint aus feinem Lavastaub zu bestehen. Gut, dass wir den Berg schon von der chilenischen Seite aus kennen. Die Wanderung dort hat uns um einiges besser gefallen. Wir bleiben also nicht und fahren zurück, verlassen den Nationalpark und finden einen windgeschützten Platz direkt am Río Malleo.

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Der Río Malleo scheint ein Treffpunkt für Fliegenfischer zu sein, und es macht großen Spaß, vom Auto aus den Fischern zuzuschauen.

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Die Nacht am Río Malleo ist unsere letzte Nacht in den Anden. Das Wetter ist grau und trübe. So wird uns wenigstens der Abschied von einer der schönsten Regionen, die wir bisher gesehen haben, nicht so schwer gemacht. Von hier aus nehmen wir Kurs auf Brasilien, quer durch Argentinien Richtung Nordosten. Denn unser nächstes Ziel sind die berühmten Wasserfälle von Iguacu.

 

Unsere Strecke von Esquel zum Nationalpark Lanín (1.019 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 88.716 km.

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Blog erstellt am 26.01.2016 am Río Malleo bei Junín de los Andes, Argentinien.

1 Kommentar:

Stefan von moellersontour hat gesagt…

Bei dem Baum muß ich auch passen, aber das Schaf über dem Feuer ist für einen Grillfan ein "leckeres" Bild. Ich hoffe, sie haben euch zum essen eingeladen :-).