Am 19. Februar reisen wir nach Brasilien ein! Das vorletzte Land unserer Reise!
Die Einreise verläuft so problemlos und unkompliziert, dass wir es gar nicht glauben können. Bereits nach fünf Minuten sind wir im Land, und für unser Auto interessiert sich niemand. Wir versuchen, die Beamten zu überzeugen, dass wir doch wenigstens irgendein Papier brauchen, irgendeinen Stempel, aber nein – nichts dergleichen. Und schon sind wir drin.
Hoffentlich hat dies alles seine Richtigkeit, denn bei dieser Sprache kann es durchaus sein, dass wir etwas falsch verstanden haben. Ab hier sind wieder Arme und Beine und Hände und Füße gefragt, denn so sehr man sich auch anstrengt, man versteht eigentlich nur “Bahnhof”. Dagegen waren unsere spanischen Unterhaltungen reinstes Zuckerschlecken!
Auf unseren ersten beiden Tagesetappen Richtung Curitiba begleitet uns schönste grüne Hügellandschaft, Araukarie reiht sich an Araukarie. Diese tollen alten Bäume, die wir bisher nur in einer kleinen Region in Chile angetroffen haben.
Entlang der Strecke finden wir auch wieder schöne Plätze für die Nacht, wie hier, kurz vor Curitiba, auf einem riesengroßen Kartoffelacker. Und was hat es wohl zum Abendessen gegeben? Ja, frisch gesammelte Kartoffeln direkt aus der Erde.
Curitiba bedeutet “viele Araukarien” und liegt auf fast 1.000 m. Dementsprechend können wir endlich wieder frische Luft schnuppern. Curitiba ist Hauptstadt des Bundesstaates Paraná und mit ca. 1,8 Millionen Einwohnern die siebtgrößte Stadt in Brasilien. Sie hat den Ruf, sauberste Großstadt Brasiliens zu sein und bietet seinen Bürgern 55 m² Grünfläche pro Einwohner! Internationaler Normalindex: 16 m²!
Uns gefällt’s auf Anhieb, denn hier gibt es jede Menge Bullis aller Jahrgänge, vor allem einen unerschöpflichen Vorrat an T1 und T2:
Mal wieder haben wir uns für den verkehrsarmen Sonntag entschieden. Doch gerade heute findet im Zentrum ein Stadtfest statt. Auch gut. Wir parken in der Innenstadt und stürzen uns ins Getümmel.
An den unzähligen Verkaufsständen sehen wir, was man in Brasilien kauft, isst oder sich in die Wohnung stellt. Und was man trinkt – nämlich nicht nur Caipirinha, sondern jede Menge Zuckerrohrsaft, der hier ganz frisch gepresst wird und bei der immer schwüler werdenden Temperatur eine willkommene Erfrischung ist:
Ja, schwül ist es schon wieder. Obwohl die Sonne heute nicht scheint. So sind auch unsere Fotos von Curitiba eher farblos:
Unser erster Eindruck von Brasilien ist fantastisch. Landschaft, kulinarische Genüsse, Menschen. Selbst das berühmte 7:1 der Fußball-WM von 2014 scheint man uns verziehen zu haben. Eigentlich alles perfekt – wären da nicht diese vielen vielen Mautstellen. Alle paar Kilometer werden wir zur Kasse gebeten. So viel Straßenmaut haben wir seit Kolumbien nicht mehr bezahlt!
Am Sonntag nachmittag verlassen wir Curitiba und fahren weiter zum Meer. Die Straße hinunter ist spektakulär, aber mit jedem Höhenmeter wird es leider auch wieder heißer. In der Nähe von Morretes verbringen wir eine total verregnete Nacht auf dem Parkplatz einer Fischzucht (nein, Fisch gibt’s heute abend trotzdem nicht) und können uns wenigstens am nächsten Morgen bei Sonnenschein den netten kleinen Ort Morretes anschauen:
Hier stellen wir fest, dass die Panik um den Zika-Virus keineswegs nur den Köpfen der deutschen Medien entspringt, sondern man auch hier an Ort und Stelle immer wieder darauf hingewiesen wird, alle Sicherheitsvorkehrungen zu beachten und einzuhalten:
Na, dann hoffen wir mal, dass unsere vielen vielen Stiche an Beinen und Armen nur ein Schönheitsmakel sind und keine der fiesen kleinen Mücken dahinter steckt!
Ab Curitiba bleiben wir erst mal am Atlantik und fahren direkt am Meer entlang Richtung Süden. Zwischen Caiobá und Guaratuba geht’s mal wieder per Fähre weiter:
Am 22. Februar erreichen wir Sao Francisco do Sul, die drittälteste bewohnte Siedlung nach der Entdeckung Brasiliens im Jahr 1500. Sie liegt im Norden des Bundesstaats Santa Catarina auf der Insel de Sao Francisco do Sul. Drei Nächte bleiben wir auf dem netten Campingplatz “Tony” und machen Bekanntschaft mit interessanten Overlandern. Das Wetter ist sehr gemischt – viel Regen und viel Hitze. Aber zwischendurch können wir immer mal wieder eine Regenpause nutzen, um per Fahrrad und zu Fuß den Ort und die schönen Strände zu erkunden.
Und mal wieder stellen wir fest, dass es an vielen Campingplätzen keinen WachHUND gibt, sondern einen WachPAPAGEI, der mit seinem lauten Gekrächze sicher jeden Einbrecher in die Flucht schlägt:
Rechtzeitig zu unserer Abreise lässt sich endlich die Sonne blicken, so dass wir zumindest noch einen kleinen Bummel durch den netten Ort mit seinen bunten Gebäuden machen können:
Und hier verabschieden wir uns erst mal von Brasilien, denn heute geht es nach Pomerode und Blumenau, den – man hört es schon am Namen – so deutschen Städten in Brasilien.
Um das Jahr 1861 von pommerschen Siedlern gegründet, hat Pomerode heute mit etwa 92 Prozent der Stadtbevölkerung den größten Anteil deutschstämmiger Einwohner in Brasilien. Man fühlt sich sofort zu Hause, egal ob man die Stadt durch das Nordtor betritt…
… oder durch das Südtor:
Wir sind natürlich ganz begeistert von den vielen Hinweisen auf unsere Heimat:
Auch können wir uns hier unterhalten, ohne mit Händen und Füßen wild in der Luft zu fuchteln. Denn kennzeichnend für die brasilianische Kleinstadt ist, dass sich Pommersch als Umgangssprache und Standarddeutsch als Schriftsprache bis heute gehalten hat. Seit 2010 ist Deutsch auch die zweite offizielle Sprache der Stadt. Der Bezug zur pommerschen Kultur ist allgegenwärtig, was man vor allem am Baustil vieler Gebäude sowie dem kulinarischen Angebot (Schlachtplatte scheint hier Nationalgericht zu sein) erkennen kann.
Wir bummeln gemütlich durch die Straßen mit den vielen Fachwerkhäusern…
… den schönen Kirchen…
… und – man glaubt es kaum – ihrem Maibaum!!
Einen besseren Schritt zur Wiedereingliederung nach Deutschland kann es für uns gar nicht geben.
Die Pomeroder sind ein feierfreudiges Volk und finden rund ums Jahr immer einen Grund zu feiern. Gerade heute, am 25. Februar, beginnt das Osterfest, das während eines ganzen Monats einen Stadtteil in ein überdimensionales Osternest verwandelt.
Angeblich 100.000 Eier schmücken diesen Osterbaum. Wir haben aber nicht nachgezählt!
Eigentlich hatten wir gar nicht vor, hier zu übernachten. Doch durch Zufall entdecken wir die Pousada Santa Felicidade, ein wunderschönes Gästehaus im Grünen. Wir machen es uns im geräumigen Innenhof direkt an einer Lagune gemütlich und fühlen uns bei den super netten Besitzern Decio und Zeli wie zu Hause. Wir genießen die Tage mit den beiden (endlich können wir richtig Deutsch sprechen) und der herrliche Pool lässt uns auch die bis zu 40°C heißen Temperaturen gut ertragen.
An alle Nachfahrer: eine tolle Adresse – unbedingt herkommen: www.santafelicidadepousada.com.br Noch dazu die einzige Möglichkeit in der Gegend, wo man campen kann!
Von hier aus ist es nur ein Katzensprung nach Blumenau, der größten deutschen Kolonie Brasiliens. Blumenau wurde 1850 von deutschen Einwanderern unter der Leitung des Apothekers Hermann Blumenau gegründet und begeistert uns mal wieder durch seine schönen Fachwerkhäuser, wie hier das Rathaus…
… oder die Casa Moellmann:
Aber berühmt ist Blumenau vor allem durch sein alljährlich stattfindendes Oktoberfest, das zweitgrößte der Welt gleich nach München. Hierzu gibt es einen extra Stadtteil, die Vila Germanica:
Leider sind wir nicht zur richtigen Saison hier, aber auch ohne Oktoberfest kann man sich ein gutes Bild machen, was hier wohl abgeht, wenn der Oktober kommt. Heute sieht man hier vor allem Ostereier ohne Ende…
Uns gefallen die wirklich sehr netten Gebäude der Vila Germanica:
Man kann an allen Ecken erkennen, dass sich hier alles ums Bier dreht. Bierkrüge mit einem Fassungsvermögen von 1,4 Litern!
Und Biersorten ohne Ende: wenn man alle diese Sorten durchprobiert hat, dann landet man definitiv im Koma!
Direkt gegenüber der Vila Germanica befindet sich ein großer VW-Händler. Wir wollten eigentlich unseren Auto-Service in Montevideo machen lassen, aber wir haben Glück und bekommen ganz spontan einen Termin. So wird während unserer Stadtbesichtigung gleich unser Bulli auf Herz und Nieren überprüft – wie praktisch!
Wir haben alles gesehen und erledigt. Aber weil es uns bei Decio und Zeli so gut gefällt, bleiben wir noch zwei Tage. Und wir haben nochmal Glück. Denn am Samstag, 27. Februar, findet der alljährliche Stammtisch in Pomerode statt. Ein Straßenfest, in dem sich die verschiedenen Stammtische der Umgebung treffen. Es wird gefeiert, gelacht, gesungen und getrunken, was das Zeug hält. Wir sind die einzigen “Urlauber” und werden mit einer unglaublichen Gastfreundschaft herumgereicht und eingeladen zu Freibier und Grillspezialitäten. Hier ein paar Eindrücke vom Fest:
Bei 40°C geht uns aber bald die Kondition aus, und wir freuen uns auf den schönen Pool von Decio und Zeli. Definitiv der schönste Platz in Pomerode!
Am Samstagabend laden die beiden uns zu einer Grillparty ein und wir kommen in den Genuss herzlicher brasilianischer Gastfreundschaft…
… eines echten brasilianischen Churrascos…
… und ausgelassener brasilianischer Lebensfreude:
Muito obrigado, Decio und Zeli, für die wunderschönen Tage bei euch!
Gerne wären wir noch länger geblieben, aber unser Frachtschiff geht bereits in zwei Wochen (am 14. März), und jetzt rufen die schönen Sandstrände in Forianópolis!
Unsere Strecke von Iguazu bis Blumenau (1.147 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 93.135 km.
Blog erstellt am 28.02.2016 in Pomerode in Brasilien.