Dienstag, 22. Juli 2014

28. Etappe: Anchorage – Dawson City – Whitehorse (13.–21.07.2014)


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WIR SIND WELTMEISTER!!!

Die Peanut Farm in Anchorage ist eine typische amerikanische Sportsbar und wurde uns von Insidern als “the place to be” empfohlen, wenn wir das WM-Finale am Sonntag, 13.7.14, anschauen wollen.

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Bereits bei unserer “Erstbegehung” zwei Tage vor dem WM-Finale rät man uns dort, am Sonntag möglichst früh zu kommen. Die Peanut Farm ist an diesem Tag bereits ab 5:30 h morgens geöffnet. Als wir um 10:00 h eintreffen, ist die Bar fast voll und wir ergattern gerade noch die letzten Plätze. Zu unserer großen Überraschung sehen wir viele deutsche Fußballfans und auch zahlreiche Amerikaner, die die deutsche Flagge schwingen. Als dann auch noch Renate und Peter aus Fürstenfeldbruck kommen (wir hatten uns ein paar Tage vorher kennengelernt) freuen wir uns so richtig. Jetzt kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen.

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Und das Daumen drücken, Mitfiebern, Johlen und Anfeuern lohnt sich – kurz nach 13:15 h sind “wir” Weltmeister! Wir feiern ausgelassen. Und das Beste ist: hier in Anchorage ist es erst früher Nachmittag, und wir haben noch den ganzen Tag vor uns, um zu feiern und uns zu freuen!

Am nächsten Tag heißt es dann aber endgültig, Anchorage zu verlassen und auf dem Glenn Highway unsere Fahrt nach Osten fortzusetzen. Wie immer auf der Suche nach einer Wanderung, die man unterwegs noch mitnehmen könnte, fahren wir zunächst auf den Hatcher Pass. Der Hatcher Pass liegt auf 1.184 m und man kann dort die stillgelegten Maschinen und verlassenen Wohn- und Betriebsgebäude der Independence Mile besichtigen. Und eigentlich kann man auch schöne Wanderungen machen – heute leider nicht. Die Wolken hängen tief, der Pass liegt in dichtem Nebel und der Nieselregen vertreibt uns dann endgültig:

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In Palmer besuchen wir noch kurz die Musk Ox Farm, wo man eine Herde von Moschusochsen domestiziert hat. Der Flaum ihres Unterhaares wird von den Eskimofrauen zu Mützen und Schals verarbeitet. Leider irre teuer, aber hält acht Mal wärmer als Schafwolle!

Inzwischen lässt sich auch die Sonne wieder blicken. Zum Glück. Denn der Glenn Highway zwischen Anchorage und Glennallen wurde uns schon von anderen Reisenden als eines der Highlights Alaskas empfohlen. Der Highway wird gesäumt von Flüssen, Seen, Gletschern, immer am Matanuska River entlang. Als in der ohnehin wunderschönen Landschaft plötzlich rechts die Gletscherzunge des Matanuska-Gletschers auftaucht, sind wir völlig sprachlos.

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Obwohl der Gletscher auf nur 400 Metern liegt, hat er sich seit 400 Jahren kaum verändert.

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Fährt man noch ein paar Kilometer weiter, hat man einen wunderbaren Blick auf den Gletscher und die hohen Berge:

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Von hier können wir uns gar nicht losreißen und so suchen wir uns ganz in der Nähe, direkt am Fluss, einen Platz für die Nacht. Und für etwas, das schon lange fällig ist: seit unserer Fahrt zum Polarmeer vibriert das Lenkrad. Obwohl wir das Auto schon zweimal dampfgestrahlt haben, kann es nur an einer Unwucht der Räder liegen. So wird hier – am Matanuska River – Rad für Rad abmontiert. Und siehe da – es findet sich noch jede Menge Dreck und Lehm vom Dalton Highway:

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Die Mühe lohnt sich – am nächsten Tag fahren wir weiter und das Vibrieren ist komplett verschwunden! Nicht nur das Vibrieren, sondern auch die Sonne – leider! Trotzdem genießen wir die Fahrt. Die Flüsse, obwohl sehr sauber, sind hier erstaunlicherweise immer grau, wie flüssiger Beton. Das liegt an dem Schmelzwasser der Gletscher, das viele Sedimente mit sich führt. Aber zum Abwaschen und zur Morgentoilette kein Problem!

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Hier verabschiedet sich das schöne Wetter leider endgültig, und die Weiterfahrt nach Glennallen verläuft dann auch weniger spektakulär. Leider auch unser Abstecher zum Wrangell-St. Elias National Park. Hier gibt es die meisten Gletscher Nordamerikas. Neun der 16 höchsten Gipfel Nordamerikas befinden sich in den Wrangell Mountains, darunter der Mount St. Elias mit 5.489 m.

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Hier von der Nabesna Road aus sollte man eigentlich einige der 4000er sehen, aber das Wetter mag uns an diesem Tag nicht. Dafür umso mehr die Mücken: unsere Wanderung brechen wir bereits beim Anziehen der Wanderstiefel ab. Dafür finden wir einen traumhaft schönen und einsamen Platz für die Nacht:

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Nur zur Toilette ist es ein weiter Weg! Pressieren darf es einem hier wirklich nicht!

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Mit Tok erreichen wir unseren letzten Ort in Alaska, bevor wir uns auf dem Taylor Highway Richtung kanadischer Grenze machen. Kurz vor dem Top of the World Highway passieren wir den kleinen Ort “Chicken”. Eigentlich hieß dieser Ort früher “Ptarmigan” (Schneehuhn), aber weil sich die Goldgräber diesen komplizierten Namen nicht merken konnten (müssen wohl Vorfahren von Thomas gewesen sein), nannten sie den Ort einfach “Chicken” (Huhn).

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Hier beginnt nun der Top of the World Highway. Durch die Regenfälle der letzten Tage ist das erste Stück noch recht rutschig und dreckig. Und das mit unseren frisch gewaschenen Autoreifen!!

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Entlang der Straße sieht man am Fluss immer wieder Hobby-Goldwäscher (ja, ja, der große Traum vom Reichtum!), aber auch professionelle Goldsucher, die mit schwerem Gerät den Fluss nach Gold durchgraben:

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Als wir die ersten schlechten Kilometer hinter uns haben, wird der Highway langsam besser und wir erhaschen einen ersten Blick auf den Top of the World Highway, der sich über viele Kilometer auf den Rücken der Berge hoch über dunkelgrünen Wäldern zieht. Die Straße ist nur in den Sommermonaten geöffnet.

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Der Highway windet sich immer höher hinauf bis zur Grenzstation, wo wir nun nach genau einem Monat Alaska verlassen und wieder auf kanadischem Boden stehen. Die einsame Grenzstation wird Mitte September für den Winter geschlossen, und mit ihr auch der Highway. Erst Mitte Mai bahnt der Straßendienst wieder einen Weg durch die letzten Schneeverwehungen oben auf den Bergen.

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Wir sind fast ein bisschen traurig, dass wir nun Alaska hinter uns lassen. Alaska hat uns extrem gut gefallen – eine tolle Mischung aus Natur mit vielen Gletschern und Zivilisation. Wir würden jederzeit gerne wieder hierher kommen. Dann aber vielleicht im Winter, wo man noch viel mehr unternehmen könnte.

Auf dem Top of the World Highway sind wir fast alleine. Nur ab und zu kommt uns ein Auto entgegen. So beschließen wir, uns an einer kleinen Abfahrt in die Büsche zu schlagen und einen völlig einsamen Platz für die Nacht zu suchen. Hier können wir in der Abendsonne sogar noch eine kleine Wanderung inmitten unberührter Natur machen. Keine Menschenseele weit und breit – und zum Glück auch kein Bär und kein Elch. Und – juhuuuu – auch kein Moskito!!

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Am nächsten Tag erreichen wir das Ende des Highways und damit unser nächstes Ziel: Dawson City. Hier der erste Blick, vom Ende des Top of the World Highways aus:

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Dawson City liegt am Zusammenfluss von Yukon und Klondike. Vor gut 100 Jahren wimmelte es hier nur so von Goldgräbern. Dieser Goldrausch machte damals Dawson City zur größten Stadt nördlich von San Francisco! Heute leben hier nur noch knapp 2.000 Leute.

Mit der Fähre überqueren wir den Yukon, um in die Stadt zu gelangen. Und da unser Campground auch auf der anderen Seite liegt, pendeln wir die nächsten beiden Tage immer wieder per Fähre über den Yukon.

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Hier auf dem Yukon begegnet man auch immer wieder der Klondike Spirit, einem Original Schaufelraddampfer:

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Dawson City ist ein sehr netter, bunter Ort. Hotels, Saloons und Souvenirläden erinnern an die Zeit des Goldrauschs und beschwören die alte Goldsucherromantik. Die meisten der Straßen sind nicht geteert – es ist alles noch sehr ursprünglich hier.

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Und zu einer “echten” Goldgräberstadt gehört natürlich auch ein Spielkasino mit CanCan-Tänzerinnen. Dieses befindet sich noch heute im Diamond Tooth Gerties, dem Nr. 1 Etablissement mit Poker- und Black-Jack-Tischen.

Ein erster Weg führt uns zum Downtown Hotel, der Geburtsstätte des “Sourtoe-Cocktails”:

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In Anchorage haben wir Maurice kennen gelernt, einen super netten Typen aus Deutschland. Er hat sich zusammen mit einem Freund in Whitehorse ein Floß gebaut, und die beiden haben sich tagelang auf dem Yukon bis nach Dawson City treiben lassen. Maurice meinte, wir müssten hier unbedingt einen Sourtoe-Cocktail trinken: die abgehackte und mumifizierte Zehe eines Goldgräbers in einem Schnapsglas. Egal, wie schnell oder langsam man den Schnaps trinkt, man muss mit den Lippen die Zehe berühren! Igittigitt…  man muss wohl vorher genügend Alkohol getrunken haben, um diese Mutprobe auf sich zu nehmen!

Wir begnügen uns mit einem Foto des Gedenksteins:

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Heute ist der 18. Juli. Wir haben großes Glück, denn vom 18.-20. Juli findet in Dawson City das jährliche Musik Festival statt. Überall wird Musik gespielt, jeder der ein Instrument hat, gibt etwas zum Besten, egal wo, ob vor dem Hotel oder am Piano auf dem  eigenen Pickup:

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Am Nachmittag gibt es an mehreren Stellen kostenlose Konzerte von diversen kanadischen Sängern. Wir verbringen mehrere Stunden bei herrlichstem Sonnenschein, guter Musik und mit einem bunten Publikum. Denn in Dawson City trifft man viele richtig nette, coole Aussteigertypen, die es irgendwann hierher verschlagen hat und die hier hängen geblieben sind. Wir fühlen uns sehr wohl inmitten dieser fröhlichen jungen Lebenskünstler.

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Aber Dawson City bietet nicht nur Musik und Goldrausch, es gibt sogar noch eine Wanderung für uns: am nächsten Morgen erklimmen wir den Midnight Dome. Eigentlich nur 600 Höhenmeter, aber extrem steil und anstrengend. Teilweise führt der Pfad auf einem Geröllfeld senkrecht hinauf, und ohne die angebrachten Seile könnte man die steilsten Stücke gar nicht bewältigen. Aber die Anstrengung lohnt sich, denn von oben hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt und den Zusammenfluss von Yukon und Klondike.

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Von hier oben wagt es sogar der ein oder andere Paraglider, mit seinem Schirm hinabzusegeln:

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Als dieser Paraglider seinen Schirm oben, mitten auf der Straße, auspackt, meint ein amerikanischer Tourist: “Are you camping here?” Wir müssen über diese Naivität schmunzeln. Wäre ja ein recht großes Zelt! Und mitten auf der Straße?

Wir verlassen Dawson City mit dem Fazit: “ein Highlight von Yukon – auf keinen Fall auslassen” und fahren weiter auf dem Klondike Highway Richtung Carmacks/Whitehorse.

Eine Stunde hinter Dawson City finden wir einen schönen Platz zum Übernachten, direkt am kleinen malerischen Gravel Lake:

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Bei unserer Ankunft spielt das Wetter gerade noch mit, aber nach dem Abendessen braut sich ein Gewitter zusammen. Das Farbspiel sieht schön aus, aber als die ersten Blitze in der Nähe einschlagen, sind wir froh, als der Spuk wieder vorbei ist.

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Was zurück bleibt, ist Dauerregen am nächsten Tag. Und am übernächsten… Unsere Pläne, eventuell ein Stück des Dempster Highways zu fahren, oder auch den Campbell Highway, begraben wir damit. Bei Regen und schlechter Sicht (wobei es auf dieser Etappe ohnehin nicht viel zu sehen gibt), fahren wir weiter in Richtung Whitehorse.

 

Unsere Strecke von Anchorage über Dawson City nach Whitehorse (1.437 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 38.949 km.

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Blog erstellt am 21.07.2014 in Whitehorse, Yukon (Kanada).

Sonntag, 13. Juli 2014

27. Etappe: Fairbanks – Denali - Anchorage - Kenai Halbinsel (28.06.–12.07.2014)


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Bevor wir unsere Reise von Fairbanks aus fortsetzen, kommt erst mal der große Frühjahrsputz. Man kann das Auto gar nicht oft genug ausräumen und putzen – eine never ending story… Zum Glück hat es gestern aufgehört zu regnen, trotzdem sind durch die ergiebigen Regenfälle der letzten Tage einige Straßen und vor allem Radwege am Chena River unpassierbar. Der Fluss hat den höchsten Wasserstand seit 10 Jahren!

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Unser nächstes Ziel ist der Denali Nationalpark mit dem höchsten Berg Nordamerikas, dem Mount McKinley (6.194 Meter), oder wie er in der Sprache der Athabaska-Indianer heißt, dem Denali. Der Denali Nationalpark ist flächenmäßig der größte Nationalpark der USA und wurde nicht wegen des Bergriesen gegründet, sondern um die reichhaltige Tierwelt in dieser alpinen Taiga und Tundra zu schützen.

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Wir kommen am Sonntag an und sind froh, dass wir bereits von Fairbanks aus online einen Campingplatz reserviert haben. Denn am Freitag ist der 4. Juli (Nationalfeiertag) und es sind gerade Ferien. Damit ist die ganze Woche schon komplett ausgebucht.

In den Denali Nationalpark darf man nur die ersten 15 Meilen mit dem Privatauto hineinfahren. Um den kompletten Park zu besichtigen, muss man eine Bustour buchen. Man wird in grünen Shuttlebussen (Schulbussen) bis zu 12 Stunden auf staubigen Holperpisten bis zum hintersten Ende des Parks gefahren. Die letzte Etappe ist heute gesperrt, da es Überflutungen gegeben hat und sogar 100 Menschen evakuiert werden mussten. Da die Fahrt noch dazu nicht ganz billig ist, begnügen wir uns mit dem Teil, den wir mit unseren eigenen Auto befahren dürfen.

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Die Straße führt durch verschiedene Vegetationszonen (Taiga und Tundra) bis zum Savage River, von wo aus wir eine kleine und schöne Wanderung immer am Fluss entlang unternehmen, den Savage River Loop Trail.

Meistens fährt man durch völlig einsame Landschaften, manchmal bietet sich einem aber auch das folgende Bild:

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Eine solche Ansammlung von Touristen – mit Fernglas und Fotoapparat bewaffnet – kann nur eins bedeuten: BÄREN!!
Und wir haben Glück: in nicht allzu weiter Entfernung sehen wir eine Grizzly-Mutter mit ihren zwei Jungen. Es macht viel Spaß, den beiden Kleinen beim Herumtollen zuzuschauen…

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Eigentlich wollen wir länger im Denali Nationalpark bleiben, aber die Campingplätze sind hoffnungslos ausgebucht. Zudem ist das Wetter bedeckt und regnerisch und wir entschließen uns zur Weiterfahrt. Aber eine Wanderung muss doch noch sein und wir besteigen den Mount Healy Overlook auf dem gleichnamigen Trail. Leider haben wir noch immer keinen Blick auf den Denali erhaschen können. Wir fahren also 180 Kilometer weiter nach Süden zum “Denali Viewpoint South”. Die Berge sind auch hier komplett in den Wolken, aber so sollte es optimaler Weise von hier aus aussehen:

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Am Aussichtspunkt kann man für 10 US$ übernachten, und wir entschließen uns spontan, hier zu bleiben. Und es lohnt sich  - am späteren Abend lockern die Wolken plötzlich auf und wir können den imposanten Mount McKinley zumindest teilweise sehen:

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Der Mount McKinley ist im Sommer an zwei von drei Tagen nicht zu sehen, und somit hatten wir großes Glück. Jetzt können wir unsere Fahrt nach Anchorage beruhigt fortsetzen. Müssen wir sogar, denn wir haben einen Termin zum Ölwechsel vereinbart.

Nachdem wir schon vieles über Autowerkstätten in USA gehört haben, die einen Termin vereinbaren, dann aber das Auto aus haftungstechnischen Gründen nicht anfassen oder die Teile nicht haben, sowie über das Preisniveau in Alaska gehört hatten, fahren wir mit gemischten Gefühlen zum vereinbarten Termin bei VW Kendall:

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Doch Service und Preis übertreffen unsere Erwartungen sehr positiv: wir werden sehr freundlich, professionell und pünktlich bedient. Und kostet allein der Ölwechsel mit kleinem Service in Deutschland schon 370 Euro, zahlen wir hier für den kompletten Service, Ölwechsel, Autoreinigung und eine extra Flasche Öl sowie Bremsflüssigkeit nur umgerechnet 75 Euro. Ein herzliches “thank you” an Jim, den Werkstattleiter, für diesen super Service! Unglaublich, aber eine weitere tolle Erfahrung auf unserer Reise.

Hier übrigens eine Anmerkung für unsere Follower vom Cali-Board: seit dem letzten Service in Deutschland haben wir ohne Probleme 37.000 Kilometer zurück gelegt. Wir sind mit unserem Auto total zufrieden. Danke auch für eure vielen netten Kommentare. Und auch danke an VW für die Tipps und Ratschläge für die weitere Reise nach Südamerika!

Hier in Anchorage sehen wir auch unser Traumauto. Wenn wir es schaffen, uns von einem Großteil unserer Dinge zu trennen (und natürlich auch von ein paar angefutterten Kilos) wollen wir die Reise mit diesem süßen Mini-Bulli fortsetzen:

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Inzwischen scheint auch wieder die Sonne und wir können eine schöne Radtour, immer am Meer entlang und mit Blick auf Anchorage, unternehmen:

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Anchorage ist eine sehr nette und bunte Stadt. Man findet hier ein Gemisch aus Blockhäusern mit grasbewachsenen Dächern (Visitor Center) und modernen Hotels…

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In Eagle River, einem kleinen Ort nördlich von Anchorage, finden wir auch einen schönen State Park zum Übernachten. Und von hier aus haben wir sogar nochmal einen schönen Blick auf den Mount McKinley. Es sind übrigens ca. 150 km Luftlinie bis zum Berg:

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Anchorage bietet nicht nur schöne Radwege, sondern auch einige nette Bergtouren. Wir entschließen uns für den Table Mountain, den meist bestiegenen Berg Alaska’s. Von hier oben hat man einen 360 Grad Rundumblick über die Stadt, die Berge und den Cook Inlet.

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Am nächsten Tag ist der 4. Juli – der amerikanische Unabhängigkeitstag. So was muss man natürlich auch mal miterlebt haben und wir mischen uns unter die vielen vielen Menschen, die ausgelassen diesen Feiertag bei herrlichstem Wetter feiern. Alles und jeder ist geschmückt in den amerikanischen Nationalfarben rot-weiß-blau.

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Eine bunte Parade zieht durch die Innenstadt, alte Autos, Musikkapellen, Tanzgruppen, Kriegsveteranen…

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… natürlich kein Vergleich zu unseren bayrischen Trachtenumzügen oder zum Einzug der Festwirte beim Oktoberfest. Uns reicht’s dann auch schnell wieder und wir machen uns auf den Weg nach Süden, zur Kenai-Halbinsel, unserem nächsten Ziel.

Die Kenai-Halbinsel erreicht man über den Seward Highway, immer am Turnagain Arm entlang und immer mit einem spektakulären Blick auf die Gletscher im Hintergrund:

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Ziel unserer Etappe ist Homer am südlichen Ende der Kenai-Halbinsel. Da – immer noch – der 4. Juli ist, ist weit und breit alles komplett ausgebucht. In dem kleinen Fischerort Ninilchik haben wir Glück und ergattern den letzten Campingplatz auf einem kleinen Gelände direkt über dem Meer. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick hinüber zu den verschneiten Vulkanen der Aleuten Range.

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Aber nicht nur uns gefällt’s hier – auch eine große Population von Bald Eagle (Seeadlern) hat sich hier niedergelassen. Klar, bei so vielen Fischen, die sich hier tummeln…

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Bekannt ist Ninilchik aber für seine russisch-orthodoxe Kirche. Das Dorf geht auf eine Ansiedlung von Angestellten der russischen Pelzhandelsgesellschaft zurück. Noch heute hört man hier immer wieder russische Laute und Namen.

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Uns hat’s das kleine verlotterte Dorf um den winzigen Hafen voller bunter Fischerboote angetan:

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Wir bleiben noch eine weitere Nacht hier, vor allem, da wir erfahren, dass am Samstag und Sonntag das jährliche Rodeo stattfindet.  Vor allem Thomas ist völlig aus dem Häuschen, da er noch nie ein Rodeo gesehen hat und er auf keinen Fall diesen Ort verlassen wird, ohne sich dieses Spektakel reinzuziehen.

Wir sind fast sicher, dass wir die einzigen Touristen hier sind, aber schon auf dem Parkplatz entdecken wir das Bimobil von Waldtraud und Gisbert, zwei richtig netten Gummersbachern, die wir letzte Woche im Denali Park kennengelernt hatten. Wir freuen uns sehr, als wir ihre Gesichter in der Menschenmenge entdecken und schauen uns das Rodeo zusammen an.

Alles beginnt ganz feierlich: mit der Nationalhymne und einem Gebet.

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Dass man hier beten muss, dass nichts passiert, wird uns dann gleich klar: einige todesmutige Reiter (man kann es auch “total durchgeknallt” nennen) versuchen, sich möglichst lange auf einem völlig wilden Pferd zu halten. 

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Das Ganze natürlich ohne Helm, man kann gar nicht mit ansehen, wie die wilden Tiere ausschlagen, immer haarscharf an den heruntergefallenen Reitern vorbei.

Aber richtig schlimm wird’s dann, als die wilden Bullen an die Reihe kommen. Nichts für schwache Nerven… Einer der Stiere ist schon in seiner Box so aufgebracht, dass er beinahe über das Absperrgitter springt…

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Zur Nervenberuhigung und zum Durchschnaufen gibt’s dazwischen auch immer wieder harmlosere Programmpunkte, wie das Einfangen eines kleinen Kalbes mit dem Lasso.

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Nach drei Stunden ist das Spektakel vorbei und trotz aller Anspannung hat’s uns richtig gut gefallen. So was muss man unbedingt einmal miterleben!

Auf dem Rückweg radeln wir noch an einer Fisch-Processing Station vorbei. Die Kenai-Halbinsel ist berühmt für ihre immensen Heilbutt-Schwärme. Zahlreiche Charterer bringen Angler zur täglichen Jagd hinaus in die Bucht. Bei ihrer Rückkehr wird zuerst die fette Beute begutachtet und fotografiert, danach werden die Fische professionell zerlegt und filetiert:

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Uns läuft schon beim Zuschauen das Wasser im Munde zusammen, aber leider kann man keinen dieser Fische kaufen. Irgendwie verständlich – die Touristen buchen diese Ausflüge für teures Geld und erleiden zum Teil schreckliche Stunden bei starkem Seegang. Seekrankheit inklusive. Da gibt man natürlich kein Stück von seiner Beute her.

Am nächsten Tag fahren wir nach Homer an der Südspitze der Kenai-Halbinsel. Es ist Sonntag, und der Großteil der Wochenendgäste ist schon abgereist. Leider schlägt aber auch pünktlich zum Wochenbeginn das Wetter um und somit können wir unsere geplante Wanderung (mit dem Wassertaxi über die Kachemak-Bay zu einer Gletscherwanderung) nicht machen. So begnügen wir uns mit einem kleinen Spaziergang auf dem Homer Spit. Der Spit ist eine natürliche Landzunge, die ca. 7 Kilometer in die Bay hinausragt.

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Hier werden die dicksten Fische an Land gezogen, darunter mannsgroße und bis zu 200 Pfund schwere Heilbutt-Exemplare! Homer hat sich alaskaweit allerdings vor allem als Künstlerkolonie einen Namen gemacht. Wir sehen vor allem viele kleine Läden und Kneipen und noch viel mehr Camper und Zelte entlang der Küste.

Ohne frisch gefangenen Fisch darf man Homer natürlich nicht verlassen, und wir erstehen einen gerade erst gefangenen Lachs. Gleich am selben Abend wird er gebraten und schmeckt genauso gut wie er aussieht – ein Traum in rot:

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Für dieses Festmahl suchen wir uns auch einen ganz besonderen Platz aus: den westlichsten Punkt Nordamerikas, den man mit dem Auto erreichen kann, Anchor Point:

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Hier kochen, schlemmen und übernachten wir, mal wieder mit Blick auf die Vulkankette der Aleuten:

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Am nächsten Tag vertreibt uns das schlechte Wetter endgültig von der Kenai-Halbinsel und wir machen uns auf den Rückweg Richtung Anchorage. Völlig überraschend sehen wir auf einem Parkplatz am Straßenrand Gabi und Edu! Nicht zu fassen! Die beiden haben endlich ihre Ersatzteile aus Deutschland bekommen und nun so richtig Gas gegeben. Wie immer ist die Freude sehr groß. Inzwischen haben wir aufgegeben zu zählen, wie oft wir die beiden seit unserem ersten Treffen in Südflorida im letzten Dezember zufällig getroffen haben! Und hoffentlich noch oft treffen werden…

Auf halber Strecke zwischen Homer und Anchorage liegt Seward. Zwischen Homer und Seward liegen die Kenai Mountains mit dem gewaltigen Harding Icefield, mit 35 Meilen Länge, 20 Meilen Breite und über 30 Gletschern eines der größten unerforschten Gletschergebiete der USA. Aber der Gletscher und die herrliche Landschaft interessieren uns erst mal gar nicht: es ist Dienstag, der 8. Juli, 12 Uhr mittags und es beginnt das Fußball-WM-Halbfinale Deutschland gegen Brasilien. Wir stürmen in die nächste Sportsbar und dürfen live auf Großbildschirm das Jahrhundertspiel mit dem unglaublichen Ergebnis 7:1 miterleben:

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Wir sind die einzigen (!!!) Zuschauer. Zwar keine große Stimmung, aber zumindest kann keiner die falsche Mannschaft anfeuern. Zur Halbzeit verirrt sich eine ältere Dame aus Cuxhaven zu uns, die ihre Reisegruppe verloren hat. So jubeln wir zu dritt und sind völlig aus dem Häuschen über das nicht zu fassende Ergebnis.

Voller Adrenalin verlassen wir die Kneipe bei inzwischen herrlichem Wetter und machen uns auf den Weg zum Exit Glacier, einem der am besten zugänglichen Gletscher Alaskas. Obwohl es inzwischen schon späterer Nachmittag ist, steigen wir am Gletscherrand entlang hinauf zum Harding Icefield.

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Es ist bereits 7 Uhr abends, als wir oben ankommen. Aber kein Problem, wir haben ja noch knappe 5 Stunden, bis es dunkel wird.

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Die Abendstimmung ist unbeschreiblich schön. Wir sind um diese Zeit die einzigen und letzten Wanderer. Das haben allerdings auch die Moskitos bemerkt. Scheinbar haben sich alle Moskitos Alaskas auch das Fußballspiel angeschaut und sich erst abends auf dem Gletscher versammelt! Vor lauter WM-Fieber haben wir natürlich kein Spray, Hut etc. dabei. Wild fuchtelnd machen wir uns an den Abstieg.

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Unten angekommen suchen wir noch schnell ein Quartier für die Nacht und stellen uns auf einen Wanderparkplatz direkt mit Blick auf den Gletscher. Eine schönere Kulisse und einen spektakuläreren Blick aus dem Schlafzimmerfenster kann man sich kaum vorstellen:

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Leider regnet es am nächsten Tag schon wieder und wir machen uns auf den Weg nach Anchorage. Hier wollen wir noch ein paar Dinge erledigen und vor allem: am Sonntag das WM-Endspiel im Fernsehen sehen. Eine entsprechende Sportsbar, die Peanut Farm, haben wir schon ausgekundschaftet.

Die Tage verbringen wir mit Radfahren, wobei unser Favorit die Umrundung des International Airport ist. Der einzige Flughafen, den wir kennen, den man komplett mit dem Fahrrad umrunden und auch erkunden kann. Allerdings muss man manchmal tatsächlich den Kopf einziehen, wenn die großen Jumbos direkt über einem im 5-Minutentakt zur Landung ansetzen:

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Der Flughafen von Anchorage ist der sechstgrößte Flughafen der Welt bzgl. Umschlag von Frachtgütern.

Gleich nebenan befindet sich der weltgrößte Flughafen für Seeflugzeuge. Hier sind fast 1.000 Kleinflugzeuge beheimatet, die die vielen Städte in Alaska anfliegen, die nicht per Straße zu erreichen sind. Wie z.B. Juneau, die Hauptstadt!!

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Es ist fast unmöglich, Thomas von hier wieder wegzubekommen.

Auf diesem 40 Kilometer Rundkurs um und über den Flughafen und die Runways (ja, auch hier kann man radeln!!) sieht man nicht nur Technik, sondern auch Wildlife, mitten im Großstadtverkehr. Immer wieder muss man bremsen, um Elche über die Straße zu lassen.

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Wir sind begeistert, diese Tiere aus nächster Nähe zu sehen. Auch wenn in Alaska mehr Menschen durch Elche verletzt werden als durch Bären.

Die Einheimischen sehen das alles viel pragmatischer:

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Unsere Strecke von Fairbanks über die Kenai Halbinsel nach Anchorage (1.921 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 37.512 km.

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Blog erstellt am 12.07.2014 in Anchorage, Alaska.