WIR SIND WELTMEISTER!!!
Die Peanut Farm in Anchorage ist eine typische amerikanische Sportsbar und wurde uns von Insidern als “the place to be” empfohlen, wenn wir das WM-Finale am Sonntag, 13.7.14, anschauen wollen.
Bereits bei unserer “Erstbegehung” zwei Tage vor dem WM-Finale rät man uns dort, am Sonntag möglichst früh zu kommen. Die Peanut Farm ist an diesem Tag bereits ab 5:30 h morgens geöffnet. Als wir um 10:00 h eintreffen, ist die Bar fast voll und wir ergattern gerade noch die letzten Plätze. Zu unserer großen Überraschung sehen wir viele deutsche Fußballfans und auch zahlreiche Amerikaner, die die deutsche Flagge schwingen. Als dann auch noch Renate und Peter aus Fürstenfeldbruck kommen (wir hatten uns ein paar Tage vorher kennengelernt) freuen wir uns so richtig. Jetzt kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Und das Daumen drücken, Mitfiebern, Johlen und Anfeuern lohnt sich – kurz nach 13:15 h sind “wir” Weltmeister! Wir feiern ausgelassen. Und das Beste ist: hier in Anchorage ist es erst früher Nachmittag, und wir haben noch den ganzen Tag vor uns, um zu feiern und uns zu freuen!
Am nächsten Tag heißt es dann aber endgültig, Anchorage zu verlassen und auf dem Glenn Highway unsere Fahrt nach Osten fortzusetzen. Wie immer auf der Suche nach einer Wanderung, die man unterwegs noch mitnehmen könnte, fahren wir zunächst auf den Hatcher Pass. Der Hatcher Pass liegt auf 1.184 m und man kann dort die stillgelegten Maschinen und verlassenen Wohn- und Betriebsgebäude der Independence Mile besichtigen. Und eigentlich kann man auch schöne Wanderungen machen – heute leider nicht. Die Wolken hängen tief, der Pass liegt in dichtem Nebel und der Nieselregen vertreibt uns dann endgültig:
In Palmer besuchen wir noch kurz die Musk Ox Farm, wo man eine Herde von Moschusochsen domestiziert hat. Der Flaum ihres Unterhaares wird von den Eskimofrauen zu Mützen und Schals verarbeitet. Leider irre teuer, aber hält acht Mal wärmer als Schafwolle!
Inzwischen lässt sich auch die Sonne wieder blicken. Zum Glück. Denn der Glenn Highway zwischen Anchorage und Glennallen wurde uns schon von anderen Reisenden als eines der Highlights Alaskas empfohlen. Der Highway wird gesäumt von Flüssen, Seen, Gletschern, immer am Matanuska River entlang. Als in der ohnehin wunderschönen Landschaft plötzlich rechts die Gletscherzunge des Matanuska-Gletschers auftaucht, sind wir völlig sprachlos.
Obwohl der Gletscher auf nur 400 Metern liegt, hat er sich seit 400 Jahren kaum verändert.
Fährt man noch ein paar Kilometer weiter, hat man einen wunderbaren Blick auf den Gletscher und die hohen Berge:
Von hier können wir uns gar nicht losreißen und so suchen wir uns ganz in der Nähe, direkt am Fluss, einen Platz für die Nacht. Und für etwas, das schon lange fällig ist: seit unserer Fahrt zum Polarmeer vibriert das Lenkrad. Obwohl wir das Auto schon zweimal dampfgestrahlt haben, kann es nur an einer Unwucht der Räder liegen. So wird hier – am Matanuska River – Rad für Rad abmontiert. Und siehe da – es findet sich noch jede Menge Dreck und Lehm vom Dalton Highway:
Die Mühe lohnt sich – am nächsten Tag fahren wir weiter und das Vibrieren ist komplett verschwunden! Nicht nur das Vibrieren, sondern auch die Sonne – leider! Trotzdem genießen wir die Fahrt. Die Flüsse, obwohl sehr sauber, sind hier erstaunlicherweise immer grau, wie flüssiger Beton. Das liegt an dem Schmelzwasser der Gletscher, das viele Sedimente mit sich führt. Aber zum Abwaschen und zur Morgentoilette kein Problem!
Hier verabschiedet sich das schöne Wetter leider endgültig, und die Weiterfahrt nach Glennallen verläuft dann auch weniger spektakulär. Leider auch unser Abstecher zum Wrangell-St. Elias National Park. Hier gibt es die meisten Gletscher Nordamerikas. Neun der 16 höchsten Gipfel Nordamerikas befinden sich in den Wrangell Mountains, darunter der Mount St. Elias mit 5.489 m.
Hier von der Nabesna Road aus sollte man eigentlich einige der 4000er sehen, aber das Wetter mag uns an diesem Tag nicht. Dafür umso mehr die Mücken: unsere Wanderung brechen wir bereits beim Anziehen der Wanderstiefel ab. Dafür finden wir einen traumhaft schönen und einsamen Platz für die Nacht:
Nur zur Toilette ist es ein weiter Weg! Pressieren darf es einem hier wirklich nicht!
Mit Tok erreichen wir unseren letzten Ort in Alaska, bevor wir uns auf dem Taylor Highway Richtung kanadischer Grenze machen. Kurz vor dem Top of the World Highway passieren wir den kleinen Ort “Chicken”. Eigentlich hieß dieser Ort früher “Ptarmigan” (Schneehuhn), aber weil sich die Goldgräber diesen komplizierten Namen nicht merken konnten (müssen wohl Vorfahren von Thomas gewesen sein), nannten sie den Ort einfach “Chicken” (Huhn).
Hier beginnt nun der Top of the World Highway. Durch die Regenfälle der letzten Tage ist das erste Stück noch recht rutschig und dreckig. Und das mit unseren frisch gewaschenen Autoreifen!!
Entlang der Straße sieht man am Fluss immer wieder Hobby-Goldwäscher (ja, ja, der große Traum vom Reichtum!), aber auch professionelle Goldsucher, die mit schwerem Gerät den Fluss nach Gold durchgraben:
Als wir die ersten schlechten Kilometer hinter uns haben, wird der Highway langsam besser und wir erhaschen einen ersten Blick auf den Top of the World Highway, der sich über viele Kilometer auf den Rücken der Berge hoch über dunkelgrünen Wäldern zieht. Die Straße ist nur in den Sommermonaten geöffnet.
Der Highway windet sich immer höher hinauf bis zur Grenzstation, wo wir nun nach genau einem Monat Alaska verlassen und wieder auf kanadischem Boden stehen. Die einsame Grenzstation wird Mitte September für den Winter geschlossen, und mit ihr auch der Highway. Erst Mitte Mai bahnt der Straßendienst wieder einen Weg durch die letzten Schneeverwehungen oben auf den Bergen.
Wir sind fast ein bisschen traurig, dass wir nun Alaska hinter uns lassen. Alaska hat uns extrem gut gefallen – eine tolle Mischung aus Natur mit vielen Gletschern und Zivilisation. Wir würden jederzeit gerne wieder hierher kommen. Dann aber vielleicht im Winter, wo man noch viel mehr unternehmen könnte.
Auf dem Top of the World Highway sind wir fast alleine. Nur ab und zu kommt uns ein Auto entgegen. So beschließen wir, uns an einer kleinen Abfahrt in die Büsche zu schlagen und einen völlig einsamen Platz für die Nacht zu suchen. Hier können wir in der Abendsonne sogar noch eine kleine Wanderung inmitten unberührter Natur machen. Keine Menschenseele weit und breit – und zum Glück auch kein Bär und kein Elch. Und – juhuuuu – auch kein Moskito!!
Am nächsten Tag erreichen wir das Ende des Highways und damit unser nächstes Ziel: Dawson City. Hier der erste Blick, vom Ende des Top of the World Highways aus:
Dawson City liegt am Zusammenfluss von Yukon und Klondike. Vor gut 100 Jahren wimmelte es hier nur so von Goldgräbern. Dieser Goldrausch machte damals Dawson City zur größten Stadt nördlich von San Francisco! Heute leben hier nur noch knapp 2.000 Leute.
Mit der Fähre überqueren wir den Yukon, um in die Stadt zu gelangen. Und da unser Campground auch auf der anderen Seite liegt, pendeln wir die nächsten beiden Tage immer wieder per Fähre über den Yukon.
Hier auf dem Yukon begegnet man auch immer wieder der Klondike Spirit, einem Original Schaufelraddampfer:
Dawson City ist ein sehr netter, bunter Ort. Hotels, Saloons und Souvenirläden erinnern an die Zeit des Goldrauschs und beschwören die alte Goldsucherromantik. Die meisten der Straßen sind nicht geteert – es ist alles noch sehr ursprünglich hier.
Und zu einer “echten” Goldgräberstadt gehört natürlich auch ein Spielkasino mit CanCan-Tänzerinnen. Dieses befindet sich noch heute im Diamond Tooth Gerties, dem Nr. 1 Etablissement mit Poker- und Black-Jack-Tischen.
Ein erster Weg führt uns zum Downtown Hotel, der Geburtsstätte des “Sourtoe-Cocktails”:
In Anchorage haben wir Maurice kennen gelernt, einen super netten Typen aus Deutschland. Er hat sich zusammen mit einem Freund in Whitehorse ein Floß gebaut, und die beiden haben sich tagelang auf dem Yukon bis nach Dawson City treiben lassen. Maurice meinte, wir müssten hier unbedingt einen Sourtoe-Cocktail trinken: die abgehackte und mumifizierte Zehe eines Goldgräbers in einem Schnapsglas. Egal, wie schnell oder langsam man den Schnaps trinkt, man muss mit den Lippen die Zehe berühren! Igittigitt… man muss wohl vorher genügend Alkohol getrunken haben, um diese Mutprobe auf sich zu nehmen!
Wir begnügen uns mit einem Foto des Gedenksteins:
Heute ist der 18. Juli. Wir haben großes Glück, denn vom 18.-20. Juli findet in Dawson City das jährliche Musik Festival statt. Überall wird Musik gespielt, jeder der ein Instrument hat, gibt etwas zum Besten, egal wo, ob vor dem Hotel oder am Piano auf dem eigenen Pickup:
Am Nachmittag gibt es an mehreren Stellen kostenlose Konzerte von diversen kanadischen Sängern. Wir verbringen mehrere Stunden bei herrlichstem Sonnenschein, guter Musik und mit einem bunten Publikum. Denn in Dawson City trifft man viele richtig nette, coole Aussteigertypen, die es irgendwann hierher verschlagen hat und die hier hängen geblieben sind. Wir fühlen uns sehr wohl inmitten dieser fröhlichen jungen Lebenskünstler.
Aber Dawson City bietet nicht nur Musik und Goldrausch, es gibt sogar noch eine Wanderung für uns: am nächsten Morgen erklimmen wir den Midnight Dome. Eigentlich nur 600 Höhenmeter, aber extrem steil und anstrengend. Teilweise führt der Pfad auf einem Geröllfeld senkrecht hinauf, und ohne die angebrachten Seile könnte man die steilsten Stücke gar nicht bewältigen. Aber die Anstrengung lohnt sich, denn von oben hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt und den Zusammenfluss von Yukon und Klondike.
Von hier oben wagt es sogar der ein oder andere Paraglider, mit seinem Schirm hinabzusegeln:
Als dieser Paraglider seinen Schirm oben, mitten auf der Straße, auspackt, meint ein amerikanischer Tourist: “Are you camping here?” Wir müssen über diese Naivität schmunzeln. Wäre ja ein recht großes Zelt! Und mitten auf der Straße?
Wir verlassen Dawson City mit dem Fazit: “ein Highlight von Yukon – auf keinen Fall auslassen” und fahren weiter auf dem Klondike Highway Richtung Carmacks/Whitehorse.
Eine Stunde hinter Dawson City finden wir einen schönen Platz zum Übernachten, direkt am kleinen malerischen Gravel Lake:
Bei unserer Ankunft spielt das Wetter gerade noch mit, aber nach dem Abendessen braut sich ein Gewitter zusammen. Das Farbspiel sieht schön aus, aber als die ersten Blitze in der Nähe einschlagen, sind wir froh, als der Spuk wieder vorbei ist.
Was zurück bleibt, ist Dauerregen am nächsten Tag. Und am übernächsten… Unsere Pläne, eventuell ein Stück des Dempster Highways zu fahren, oder auch den Campbell Highway, begraben wir damit. Bei Regen und schlechter Sicht (wobei es auf dieser Etappe ohnehin nicht viel zu sehen gibt), fahren wir weiter in Richtung Whitehorse.
Unsere Strecke von Anchorage über Dawson City nach Whitehorse (1.437 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 38.949 km.
Blog erstellt am 21.07.2014 in Whitehorse, Yukon (Kanada).