Samstag, 26. Dezember 2015

71: Chile: Torres del Paine bis Feuerland (06.-13.12.2015)


Jetzt geht es auf die Zielgerade. Wir befinden uns auf der Ruta del Fin del Mundo, der Straße zum Ende der Welt.

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Zuvor müssen wir allerdings mal wieder das Land wechseln, denn unser nächstes Ziel, der Torres del Paine Nationalpark, liegt in Chile. Wir kommen am 5. Dezember am Grenzübergang Cerro Castillo an und haben diesmal die berühmte A…karte gezogen. Zwei große Reisebusse, Menschenschlangen an der Einreise bis weit auf die Straße hinaus. Der Zollbeamte hat Mitleid mit uns und winkt uns mit einem Augenzwinkern an der Schlange vorbei, gleich hin zu den Zollformalitäten für das Auto. Diese werden in einem Aufwasch mit unserer eigenen Einreise erledigt. So sind wir nach fünf Minuten abgefertigt und kümmern uns auch nicht um die erstaunten und zum Teil bösen Blicke der vielen Wartenden. Die Einreise nach Chile geht genauso schnell, obwohl wir nach längerer Zeit mal wieder unser Auto durchsuchen lassen müssen. Der Beamte ist jedoch mehr als großzügig, wir dürfen sogar unseren Honig behalten.

Kaum haben wir die Grenze hinter uns, sehen wir schon das Massiv des berühmten Bergmassivs Torres del Paine vor uns. Der Besuch des Torres del Paine Nationalparks ist ein Höhepunkt jeder Chilereise. Man bezeichnet dieses Bergmassiv auch als achtes Weltwunder. 242.000 Hektar umfasst dieses Gebiet in den südchilenischen Anden. Die aus dem Nichts steil aufragenden Nadelspitzen erheben sich bis zu 3.012 m (Cerro Paine Grande). Zudem findet man hier unzählige blaugrüne Gletscherseen. Ein toller Anblick, wenn auch das Wetter nicht besonders gut ist. Statt blauem Himmel und grünen Seen eher “Fifty Shades of Grey”.

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Die Straße, die zum Nationalpark führt, wird immer schlechter. Lediglich die ersten Kilometer sind asphaltiert, wenn auch mit unzähligen Schlaglöchern übersät. Allerdings sind die Schlaglöcher hier nummeriert. So weiß man wenigstens, an welchem Schlagloch man sich die Achse gebrochen hat. An Nummer 649 oder an Nummer 785…

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Was danach an Straßenbeschaffenheit kommt, ist einfach nur furchtbar. Schon außerhalb des Parks und innerhalb des gesamten Parks nur noch üble Schotterpiste und Wellblech vom Feinsten. Dazu ist der Wetterbericht für die nächsten Tage sehr schlecht. Wir verbringen noch eine Nacht außerhalb des Parks und machen von hier aus eine schöne Wanderung zur Laguna Amarga mit Blick auf die berühmten Türme. Wir wandern erst am frühen Abend los, denn wir genießen die langen Tage. Es wird erst um 23:00 h dunkel, und bereits vor 05:00 morgens wieder hell.

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Die Wanderung führt uns durch riesige Herden von Guanacas, die einem hier auf Schritt und Tritt begegnen. Die Tiere sind alles andere als scheu, man kann ganz nahe an sie herankommen:

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Sie lassen sich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen…

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Um uns herum blühen wunderschöne bunte Blümchen, die Wiesen sehen aus wie Teppiche. Besonders schön sind diese Capachitos:

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Am nächsten Morgen fahren wir dann in den Nationalpark hinein. 25 Euro kostet der Spaß pro Person. Ist zwar teuer, aber man bekommt auch was für’s Geld. Aufenthalt im Park, solange man will, kostenlose Stellplätze mit Toiletten, atemberaubende Blicke, schöne Wanderwege, und Wind. Wind? Sturm!! Oft ist es wirklich schwierig, das Auto zu verlassen bzw. aufrecht stehen zu können.

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An manchen Stellen ist es ganz besonders schlimm, hier findet man diese hinterlistigen Schilder:

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Und das ist nicht übertrieben. Eine dieser exponierten Wanderungen ist die zum Aussichtspunkt auf die berühmten “Hörner”. Die ersten Meter kann man zumindest noch aufrecht gehen…

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Kommt man allerdings um die Ecke, wird man vom Sturm regelrecht umgeworfen:

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Viele Wanderer machen kehrt, denn es ist wirklich unheimlich, nur Thomas hat seinen Riesenspaß. Wie ein junger Hund springt er immer wieder in die Höhe, um zu sehen, ob man nicht doch ein Stückchen fliegen kann.

Die Wanderung lohnt sich auf jeden Fall. Vorbei an den großen Wasserfällen geht es hinauf zum Mirador, die Hörner stets im Blickfeld.

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Man durchquert einen Wald, der einem zeigt, wie fragil die Natur hier ist. Ein durch einen achtlosen Wanderer verursachtes Feuer hat 2005 große Teile der Wälder und Steppenvegetation vernichtet.

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Vom Lookout am Nordernskjöld See hat man den besten Blick auf das bekannte Fotomotiv, die “Cuernos del Paine”, die Hörner mit 2.600 m.

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Gut durchgeblasen kommen wir nach zwei Stunden wieder am Auto an. Ach ja, auch andere haben ihre Probleme mit dem starken Wind: unsere beiden liebestollen Guanacos haben die Böen auch nicht unbeschadet überstanden. Mittendrin einfach vom Winde verweht…

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Und selbst dem heimischen Federvieh biegt es die Federn um:

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Auf der wirklich sehr schlechten Straße rumpeln und hoppeln wir weiter durch den Park.

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Zum Glück wird man für diese schlechte Piste immer wieder durch herrliche Ausblicke entschädigt, wie hier der Blick auf ein Hotel mitten im türkisfarbenen Pehoé-See:

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Nicht zu toppen ist allerdings der Blick auf das Gesamtmassiv der Torres del Paine:

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Dass dieser Nationalpark ein Touristenmagnet ist, und dass auch die Hochsaison begonnen hat, sehen wir an den vielen Campern aus Europa. Viele Touristen mieten sich auch einen Camper, und wie schon in USA sind auch hier in Chile die lustigen “Wicked-Camper” sehr populär. Hat man keine Lust auf eines der großen Wohnmobile, mietet man sich einen dieser kleinen Camper. Jeder von ihnen ist individuell, bunt, und hat einen lustigen Spruch auf Lager. Wirklich eine tolle Sache.

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Der Weg vom Visitorcenter zum Lago Grey mit seinen schwimmenden Eisbergen wird immer schlechter, so dass wir entnervt aufgeben. Unseren Frust über die schlechte Straße lassen wir erst mal beim Parkranger los, der uns erklärt, dass der Park hier zwar viel Geld einnimmt, die Regierung das Geld aber auf alle Parks in Chile verteilt. So eine Gemeinheit! Die meisten Besucher stört die schlechte Straße nicht, sind sie doch mit Touristenbussen oder Leihautos unterwegs. Wir haben Mitleid mit unserem Bulli, aber die Neugier auf den Lago Grey ist dann doch größer als das Mitleid, und wir unternehmen am nächsten Tag einen erneuten Versuch. Es lohnt sich wirklich. Obwohl der Grey Gletscher 14 Kilometer entfernt ist, treiben haushohe Eisbrocken über die gesamte Länge des Sees, mit den Bergen im Hintergrund wirklich ein unglaublicher Anblick:

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Wieder mal durch und gegen den Sturm, zum Teil begleitet von starken Regenschauern, laufen wir tapfer an den Eisbrocken entlang.

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Ganz im Hintergrund, kaum sichtbar, der Grey Gletscher, dessen Eisberge unglaublicher Weise 14 Kilometer bis hierher treiben. Ja, der Wind hat wohl doch etwas Positives.

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Der Lago Grey hat eine Temperatur zwischen 2 und 5°C, deshalb schmilzt das Eis auch nur sehr langsam.

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Bevor wir nach drei Tagen den Park verlassen, machen wir noch eine Wanderung zur Laguna Verde am Südende und sehen hier unseren ersten Kondor! Auf diesen Augenblick haben wir seit Monaten gewartet. Der größte Vogel und König der Anden schwebt langsam über unsere Köpfen hinweg. El condor pasa…

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Man könnte noch ewig im Nationalpark bleiben, es gäbe noch unzählige Wanderungen, aber das angekündigte schlechte Wetter hat uns nun definitiv erreicht, und wir verlassen bei strömendem Regen nach drei Tagen den Park. Kaum haben wir die Parkgrenze erreicht, fahren wir plötzlich auf bestem Asphalt. Was für eine Wohltat! Allerdings nur 20 Kilometer, und auch hier hat man nicht immer freie Fahrt:

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Wir sind froh, als wir nach vielen Kilometern Rumpelpiste endlich kurz vor Puerto Natales die Cueva (Höhle) des Milodón erreichen. Hier fand der Deutsche Hermann Eberhard 1896 Knochen- und Fellreste eines Mylodon, eines 3,5 – 4 Meter großen Riesenfaultiers. Wir besuchen die 30 Meter hohe, 80 Meter breite und 200 Meter tiefe Höhle.

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Unvorstellbar, dass in dieser beeindruckenden, aber ungemütlichen Höhle früher Menschen gewohnt haben! Nicht nur Menschen, sondern eben auch dieses unheimliche Riesenfaultier:

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King Kong lässt grüßen…

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Nur 25 Kilometer weiter erreichen wir endlich wieder die Zivilisation, nämlich den netten Fischerort Puerto Natales. Durch den Grenzübergang und unmittelbar danach die Tage im Nationalpark sind unsere Vorräte sehr geschrumpft, und wir kaufen erst mal wieder kräftig ein. Für einen Bummel durch den bunten Ort ist es zu windig, zu nass und zu kalt, es reicht gerade mal für ein Foto des Denkmals, das an den ständigen Wind erinnert:

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Die Fahrt von Puerto Natales nach Punta Arenas ist recht eintönig. Einziger Farbklecks in der graugrünen Pampa sind diese netten Bushäuschen, in denen man vor dem Wind Zuflucht finden kann:

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Und wieder ein Denkmal für den Wind – das Monumento al Viento:

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Punta Arenas ist die südlichste Kontinentalstadt der Welt, Hauptstadt der Region Magallanes, und liegt direkt an der Magellanstraße gegenüber von Feuerland. Viel dreht sich natürlich um Magellan und die Seefahrt.

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Auf der Plaza de Armas steht ein bronzener Fernando de Magallanes, der 1520 erstmals die Ost-West-Passage entdeckt hat.

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Küsst man den großen Zeh eines der beiden Indianer zu seinen Füßen, kehrt man angeblich nach Patagonien zurück. Bei diesen Aussichten nimmt man doch gerne ein kleines Herpesbläschen in Kauf.

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Ein Spaziergang durch Punta Arenas lohnt sich auf jeden Fall. Hier findet man viele schöne Häuser.

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Eine der Hauptattraktionen ist jedoch der Friedhof, der interessanteste und schönste Friedhof in ganz Chile, der sogar zum Nationaldenkmal erklärt wurde. Die Zypressen links und rechts der Alleen sind säulenförmig geschnitten.

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Für die Reichsten der Reichen wurden regelrechte Tempel erbaut.

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Punta Arenas ist unser letzter Stopp auf patagonischem Festland. 170 Kilometer von hier, in Punta Delgada, nehmen wir die Fähre nach Feuerland.

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In nur 20 Minuten haben wir die Magellanstraße überquert und erreichen Feuerland, die berühmte Inselgruppe am Südzipfel des Kontinents.

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Stundenlang fahren wir – am Anfang auf Asphalt, später über 85 Kilometer sehr schlechter Schotterpiste – über die Insel, auf der man nur Himmel und Schafe sieht. In Südpatagonien leben 150.000 Menschen, zwei Millionen Schafe und eine halbe Million Pinguine! Immer wieder müssen wir warten, bis die unglaublich großen Herden mit ihren mindestens fünf Hunden und fünf Gauchos die Straße überqueren.

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Trotz Schotterpiste und Sturm erreichen wir ohne Reifen- oder Windschutzscheibenschäden die Grenze nach Argentinien in San Sebastián. Zum ersten Mal seit vielen vielen Monaten erreichen wir wieder den Atlantik. Und ab hier nun endlich Asphalt! Über unsere Ankunft am Ende der Welt, in Ushuaia, berichten wir dann im nächsten Blog.

Aber zuerst wünschen wir euch allen frohe Festtage und einen guten Rutsch in ein gesundes neues Jahr 2016!

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Unsere Strecke vom Torres del Paine NP nach Río Grande (Feuerland) (928 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 85.053 km.

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Blog erstellt am 18.12.2015 im Nationalpark Tierra del Fuego, am Ende der Welt, in Argentinien.

1 Kommentar:

Heidi hat gesagt…

Kaum zu glauben, dass es bald zu ende geht....:-( Fahrt doch noch ein anderes Jahr!