Samstag, 17. Januar 2015

43: Mexiko: San Miguel de Allende bis Teotihuacán (10.–16.01.2015)


Wir überlegen hin und her, ob wir den Abstecher nach El Rosario zum Mariposa Monarca Sanctuary machen sollen, dem Naturschutzgebiet in Michoacán, wo jedes Jahr zwischen November und März 150 Millionen Monarch-Schmetterlinge überwintern. Der Park liegt nicht auf unserer Strecke, es sind doch einige Kilometer zusätzlich, die Straßen sind zum Teil schlecht, der Park liegt über 3.000 m und ist somit sehr kalt, und wenn die Sonne nicht scheint, bewegen sich die Schmetterlinge nicht und man kann sie deshalb nicht sehen. Trotz aller Bedenken machen wir uns am 10. Januar von San Miguel de Allende aus auf den Weg. Der Abschied vom Campingplatz fällt uns nicht leicht, wir haben hier so viele nette Reisende kennen gelernt, und die familiäre Atmosphäre hat uns sehr gut gefallen.

Da uns die Strecke bis zum Nationalpark zu weit ist, legen wir unterwegs einen Zwischenstopp ein und landen in Atlacomulco im Parque El Ocotal, einem staatlich betriebenen Erholungspark mit Campingmöglichkeit.

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Obwohl es Samstag ist, sind wir außer einer Pfadfindergruppe am anderen Ende des Parks die einzigen Besucher. Wir fühlen uns sofort sehr wohl, denn der Park erinnert sehr an die schönen Nationalparks in USA und Kanada. Weite Nadelwälder, einen ganzen Campingbereich für uns alleine, mit eigenen Toiletten, Tischen, Bänken, einer Feuerstelle und zahlreichen Wandermöglichkeiten.

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Zum Park gehört auch einer schöner Zoo, der ganz in der Nähe unseres Platzes liegt. Wir amüsieren uns über unsere Übernachtungsplätze der letzten 10 Tage: Badepark, Tennisplätze, und jetzt Zoo… mal schauen, wo wir sonst noch landen!
Der Zoo gefällt uns sehr gut. In Mexiko wird wohl nicht so übertrieben auf Sicherheit geachtet, und wir können die Tiere aus nächster Nähe sehen:

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Nur ein dünner Maschendrahtzahn trennt die Besucher von den wilden Tieren, und ein Schild warnt zumindest davor, seine Finger durch das Gitter zu stecken – hier ist es mal wieder wichtig, dass man Spanisch kann!

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Am Morgen weckt uns nicht das Kikeriki eines Hahns, sondern das Rufen der Wölfe, Tiger, Löwen, Affen etc.

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Schweren Herzens verlassen wir am nächsten Morgen diesen herrlichen Platz und machen uns auf nach El Rosario. Obwohl es zu den Schmetterlingen nur 102 Kilometer sind, brauchen wir mal wieder drei Stunden, da die Straßen oft schlecht sind, mit Sprunghügeln manchmal alle 500 Meter, und man oft kleine Orte durchfahren muss, wo an ein Vorankommen nicht zu denken ist. Dies hier sieht zwar aus wie eine Fußgängerzone, ist aber die Hauptstraße durch den Ort:

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Die Beschilderung lässt sehr zu wünschen übrig, und selbst das Navi lässt uns immer wieder im Stich. Einbahnstraßen sind nur durch winzige und leicht zu übersehende Pfeile markiert, und so passiert es mehr als einmal, dass wir lustig und munter durch eine Einbahnstraße fahren – in falscher Richtung natürlich. Manchmal sogar vor den Augen von Polizisten, die zum Glück Nachsicht mit uns haben und uns freundlich bitten, umzudrehen.

Nach einiger Fahrerei erreichen wir endlich Angangueo, ein weiteres Pueblo Mágico, und wenig später den Parkplatz des Nationalparks El Rosario.

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Es ist Sonntag Nachmittag, und ganz Mexiko scheint sich hier versammelt zu haben. Vor allem Mexiko’s Kinder. Schon bei der Einfahrt auf den Parkplatz hängen die ersten Kinder an unserem Radträger, und anstatt der erhofften Schmetterlinge umschwirren uns Hunderte von Kindern, die uns etwas verkaufen, unser Auto bewachen, uns etwas vorsingen, oder einfach so zu Geld kommen wollen. Dies erinnert uns sehr an Äthiopien und wir sind etwas genervt. Für eine Wanderung in den Park ist es schon zu spät, und so verbringen wir den Nachmittag am Auto auf dem Parkplatz, der später unser Übernachtungsplatz sein sollte. Kaum ist die Sonne untergegangen, verschwinden alle Besucher, Verkäufer und Kinder, und wir stehen ganz alleine auf dem Parkplatz und genießen die herrliche Abendstimmung, die Ruhe, den Duft der Holzfeuer und die vielen kleinen Lichter im Tal.

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Die Nacht ist sehr ruhig, aber da wir uns auf 3.000 m Höhe befinden, schlafen wir schlecht. Es ist bitterkalt, mal wieder ist der Kühlschrank der wärmste Ort im Auto. Und nach den vielen Wochen am Meer haben wir uns noch nicht an die dünne Luft auf dieser Höhe gewöhnt. Als wir aber am nächsten Morgen den strahlend blauen Himmel entdecken, sind Müdigkeit und Kälte sofort vergessen, denn wir wissen: dies wird ein perfekter Tag für unser Vorhaben.

Voller Vorfreude stehen wir als erste Besucher um 09:30 h am Eingang des Parks und bezahlen unser Eintrittsgeld. Aus einer Laune heraus erklären wir, wir seien Rentner, und bekommen doch glatt einen ermäßigten Eintritt. Sollen wir uns jetzt freuen? Sehen wir denn wirklich schon aus wie im Rentenalter? Man verpasst uns auch noch einen Führer. Silvano ist ein ausgesprochen netter, hilfsbereiter, rücksichtsvoller Führer, und während er uns immer wieder interessante Dinge zu den Schmetterlingen erklärt – in einer fast unverständlichen Geheimsprache, die wohl ein Mischmasch aus Spanisch und Englisch sein muss - erklimmen wir die 300 Höhenmeter (und 600 Stufen) bis zum Ziel.

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Für wenig Geld kann man sich für den Aufstieg auch ein Pferd mieten, aber wir sind so glücklich, dass wir endlich mal wieder wandern können.

Nach 40 Minuten erreichen wir unser Ziel. Es ist noch kalt, die Schmetterlinge hängen noch dicht gedrängt in den Bäumen und erinnern an trockenes Laub, nichts bewegt sich:

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Während wir geduldig warten, bis sich die ersten Tiere bewegen, erklärt uns Silvano viele interessante Details:

Jeden Winter kommen mehr als 150 Millionen Monarch-Schmetterlinge über eine Strecke von 4.500 Kilometer aus USA und Kanada, um hier zu überwintern. Sie beginnen ihre lange Reise im Herbst, wenn das Wetter kalt wird, und kommen hier nur 4 bis 5 Wochen später an. Das einzigartige Mikroklima hier bietet ihnen den perfekten Platz, um den Winter zu verbringen. Die kühlen Temperaturen ermöglichen es ihnen, Energie zu sparen, die Bäume bieten Schutz vor Wind und Niederschlägen, und die neblige Luft verhindert, dass sie austrocknen. Uns bietet sich ein unglaublicher Anblick: die Äste der Bäume hängen unter dem Gewicht der Schmetterlinge weit herunter – verrückt, wenn man bedenkt, dass ein Tier nur ein halbes Gramm wiegt. Nur wenn die Sonne scheint, bewegen sie sich. Wir haben wirklich großes Glück, denn die ganze letzte Woche war es bewölkt, und man konnte nichts sehen.

Einige Tiere liegen vor Kälte erstarrt auf dem Boden, und die Ranger legen sie vorsichtig in die Wiese, damit sie nicht versehentlich zertreten werden:

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Wir sind noch immer die einzigen Besucher und dürfen so lange bleiben, wie wir wollen. An “normalen” Tagen muss man nach 20 Minuten das Feld wieder räumen. Gestern, am Sonntag, waren übrigens 1.000 Besucher hier!

Ab ca. 11:00 h kommt nach und nach immer mehr Bewegung auf: die Schmetterlinge, von der Sonne wachgeküsst, fangen an zu fliegen und trocknen ihre Flügel in der warmen Sonne.

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Wir machen uns an den Abstieg und kommen zu einer Wiese, die bei unserem Aufstieg noch komplett leer war:

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Hier treffen wir zum ersten Mal auf andere Wanderer. Von Minute zu Minute kommen mehr Schmetterlinge, und würde man noch eine Stunde warten, wäre von der grünen Wiese nichts mehr zu sehen. Es ist ein unglaubliches Schauspiel, und sehr beeindruckt machen wir uns an den Abstieg. Wir sind sehr glücklich, dass wir uns zu dem Abstecher zum Mariposa Monarca Nationalpark entschlossen haben!

Im Bundesstaat Mexiko gibt es aus Umweltschutzgründen eine Regelung, die das Autofahren an bestimmten Tagen verbietet. Der Spaß nennt sich “hoy no circula”- Regel und richtet sich nach der letzten Stelle der Autonummer. Je mehr Bücher wir befragen, wie genau die Regel lautet, desto mehr Erklärungen bekommen wir. Wir fragen die unterschiedlichsten Leute – Polizisten, Einheimische, Touristenführer, Taxifahrer, Hotelbesitzer etc. – und auch hier gilt: 10 Leute, 10 Meinungen. Unsere Autonummer endet mit einer 8 und somit betrifft uns das Fahrverbot am Dienstag. Um sicher zu sein, dass wir nichts falsch machen, müssen wir also einen Platz finden, wo wir diesen Dienstag aussitzen. Und was eignet sich hierfür mehr als unser geliebter El Ocotal Park?! Schnell fahren wir also von den Schmetterlingen zurück zu unserem Park, wo wir einen ganz gemütlichen Dienstag ohne Autofahren verbringen, bevor wir am Mittwoch weiter Richtung Mexiko City fahren.

In Teotihuacán, ca. 50 Kilometer nordöstlich von Mexiko City, wo sich die große Pyramidenanlage befindet, steuern wir den im Zentrum der Stadt gelegenen Campingplatz an. In der Nähe entdecken wir jedoch eine Ranch, d.h. ein Restaurant mit zwei Pferden und einem wunderschönen Garten. Wir fragen, ob wir hier übernachten dürfen. Nach einem kurzen Stirnrunzeln (“so was hat noch niemand vor euch gefragt”) meinen die Besitzer: “aber klar doch, sehr gerne, so lange wie ihr wollt”. Einmal mehr fragen wir uns, wie es wäre, dies in Deutschland mal zu probieren – einfach in einem Restaurantgarten zu campen…

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Wir genießen drei Tage lang unseren Luxusplatz im Grünen. Unsere einzigen Nachbarn sind die beiden Pferde:

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Teotihuacán ist ein bunter, quirliger Ort mit einem netten Zentralplatz und mehreren schönen Kirchen.

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Hauptattraktion ist jedoch die große Pyramidenanlage. Unsere Ranch liegt nur 3 Kilometer von der Anlage entfernt, und so können wir schön zu Fuß zu den Pyramiden laufen.

Teotihuacán heißt in der altertümlichen Sprache Náhuatl “der Ort, wo der Mensch zu Gott wird” und liegt in einem wüstenähnlichen Tal, umgeben von weitläufigem Hügelland. Schon von weitem sieht man die Sonnenpyramide, und da wir früh am Tag ankommen, sind fast noch keine Besucher hier. Wir besteigen also gleich die Sonnenpyramide, bevor sich die Anlage mit Touristen füllt.

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Die 65 m hohe Sonnenpyramide ist das Prunkstück von Teotihuacán. Eine steile Treppe führt auf die oberste Plattform, wo man erst richtig merkt, wie riesig die Struktur ist. Wir kommen ganz schön ins Schwitzen bei den zum Teil sehr steilen Stufen:

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Mit einer Grundfläche von 220 m auf 220 m ist die Sonnenpyramide die drittgrößte Pyramide der Welt, nach der Pyramide von Cholula im mexikanischen Bundesstaat Puebla und der ägyptischen Cheops Pyramide.

Hier unser Gipfelfoto – im Hintergrund die etwas kleinere Mondpyramide:

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Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick über die ganze Anlage:

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Nach dem vorsichtigen Abstieg – bloß nicht ins Stolpern kommen, da gibt’s kein Halten – laufen wir auf der Calzada de los Muertos, der Straße der Toten, zur Mondpyramide:

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Die 40 m breite, die ganze Anlage von Teotihuacán durchquerende Hauptachse, wurde von den Azteken als Calzada de los Muertos, als Straße der Toten, benannt, weil sie die Bauwerke für Königsgräber hielten. Die Straße der Toten wird von vielen kleineren Tempeln und möglicherweise von Wohnbauten der herrschenden Elite gesäumt. Am nördlichen Ende befindet sich der Quetzalpapalotl Palast und die Mondpyramide.
Die Mondpyramide ist etwas kleiner als die Sonnenpyramide, aber durch ihren schönen Stufenbau eigentlich noch attraktiver als ihre große Schwester. Und noch etwas steiler! Gerade beim Abstieg muss man sich gut festhalten!

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Von oben hat man einen wunderbaren Blick auf die Straße der Toten und die Sonnenpyramide. Hier wird einem erst mal bewusst, wie viele Kilometer man bei der Besichtigung zurück legt.

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Bei unserer Besichtigung lernen wir viele Touristen – auch aus Deutschland – kennen. Es macht Spaß, sich mit einigen von ihnen zu unterhalten. Besonders nett sind diese beiden Thüringer, mit denen wir die Mondpyramide erklimmen:

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Sie sind so beeindruckt von unserer Reise und haben solches Mitleid mit uns, dass wir schon so lange von zu Hause weg sind, dass sie uns ihre letzten deutschen Früchteriegel schenken!

Überall in der Anlage gibt es natürlich Verkäufer, die einem Souvenirs in Form von kleinen Statuen, Flöten oder Edelsteinen andrehen wollen. Und wieder fällt uns auf, dass diese Verkäufer hier bei weitem nicht so aufdringlich sind wie in vielen anderen Ländern der Welt. Dieser nette Verkäufer – Raúl – erklärt uns unermüdlich, wann, wie, mit welchem Stein man welche Leiden wegmassieren kann.

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Es ist wirklich sehr interessant, aber am Schluss schwirren uns so viele verschiedene Steine, Leiden und Massagetechniken durch den Kopf, dass wir völlig verwirrt sind und einfach gar keinen kaufen. Raúl nimmt’s gelassen und verabschiedet sich genauso nett und freundlich, obwohl er mit uns kein Geschäft gemacht hat.

Zum Abschluss besuchen wir noch das Museum mit einer hervorragenden Ausstellung von wertvollen Fundstücken und Wandmalereien.

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Besonders gut gefällt uns dieses großformatige Modell der historischen Stadt. Durch die Fensterfront hat man nochmal einen tollen Blick auf die Sonnenpyramide:

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Obwohl wir schon 13 Kilometer mit vielen Stufen zurück gelegt haben, laufen wir die letzten drei Kilometer zu unserem Übernachtungsplatz auch noch zurück. Eigentlich wollten wir heute, am Freitag, mit dem Bus nach Mexiko City fahren, aber nach so viel Lauferei müssen wir mal durchschnaufen und unseren Hauptstadtbesuch auf morgen verlegen.

 

Unsere Strecke San Miguel de Allende bis Teotihuacán (539 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 57.020 km.

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Blog erstellt am 16.01.2015 in Teotihuacán in Mexiko

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Wow - glad the butterfly trip worked out. Looked really impressive.
We're in Cancun and picked up our daughter and awaiting some car parts (fuel pump) and onto Tulum tomorrow and then Belize

Was lovely meeting ye guys
Brendan, Gill and the Lally Gang
TheLongWayHome.us