Die Hafenstadt Guayaquil ist die größte Stadt Ecuadors. Sie genießt keinen besonders guten Ruf und wir besuchen sie auch nur, da wir ohnehin direkt daran vorbeifahren. Aber es ist wie immer – wenn man keine besonderen Erwartungen hat, wird man oft angenehm überrascht. So auch in Guayaquil.
Über die vor ein paar Jahren renovierte Uferpromenade “Malecón 2000” kann man kilometerlang am Ufer des Río Guayas entlangschlendern.
Unser Ziel ist das historische Stadtviertel Las Penas und der Cerro Santa Ana mit seinem Leuchtturm, den man schon von weitem sehen kann.
Am Fuße dieses Hügels liegt der malerische Stadtteil Las Penas mit seinen bunt gestrichenen Häusern und seinen kopfstein-gepflasterten Gassen.
Von hier aus führt eine Treppe hinauf zum Leuchtturm. Es ist unglaublich heiß heute – feuchtheiß. Nette Bars und Restaurants säumen die Treppe und lenken zum Glück von der Anstrengung ab.
Die Stufen sind nummeriert, so dass man immer genau weiß, wie weit man schon ist und seine Kräfte dementsprechend einteilen kann.
Wir sind jedenfalls heilfroh, als wir Stufe Nummer 444 erreichen und nur noch auf den Leuchtturm klettern müssen.
Von hier oben hat man eine herrliche Aussicht auf die Stadt und den unten langsam vorbei ziehenden Río Guayas.
Da wir heute noch einen langen Weg vor uns haben, statten wir der Innenstadt nur noch einen kurzen Besuch ab, staunen aber über die vielen schönen Gebäude.
Danach geht’s weiter Richtung Berge. Wir wollen ja zum Chimborazo und vorher noch irgendwo einen Übernachtungsstopp einlegen. Bald schon windet sich die Straße höher und höher, die letzten Sonnenstrahlen verschwinden und dichter Nebel und Nieselregen begleiten uns. Auf 2.300 m finden wir ein Hotel am Straßenrand, in dessen Innenhof wir die Nacht verbringen dürfen. Wir sehen kaum, wo wir sind. Regen, Nebel etc. Was wir aber sehen, sind die Schäden, die der schnelle Höhenunterschied angerichtet hat: eine Flasche Sojasauce (original verpackt) ist im Kühlschrank explodiert – Mann, was für eine Sauerei! Im Unterschrank hat der Druckunterschied das Duschgel platzen lassen. Für heute Abend sind wir auf jeden Fall gut beschäftigt!
Als wir am nächsten Morgen aufstehen, trauen wir kaum unseren Augen: strahlender Sonnenschein! Erst jetzt sehen wir, in welch nettem Garten wir die Nacht verbracht haben.
Die Hotelbesitzer freuen sich mit uns und meinen, wenn wir ganz schnell sind, dann können wir mit etwas Glück den Chimborazo sehen. Wir schlingen also unser Frühstück herunter und fahren ganz schnell die erste Viertelstunde, bis wir tatsächlich aus der Ferne einen wunderschönen Blick auf den höchsten Berg Ecuadors (6.310 m) erhaschen können:
In der festen Überzeugung, dass die Wolken den Berg bald verhüllen, machen wir auf der Fahrt Hunderte von Fotos – könnte ja der letzte Blick gewesen sein. Aber auch beim näheren Herankommen bietet sich immer wieder ein atemberaubender Blick.
Schließlich kommen wir dem Nationalpark immer näher. Ganz wohl fühlen wir uns nicht, denn man hat uns ja mehrfach darauf hingewiesen, dass wir mit unserem Auto möglichst nicht die 2.500 m überschreiten sollen. Hier sind wir bereits über 4.000 m:
Aber wir haben keine andere Wahl. Wir sehen keine anderen Autos, die uns eventuell mitnehmen könnten, und das Wetter ist so gut, dass wir beschließen, bereits heute die Tour auf den Chimborazo zu machen. Eigentlich wollten wir noch eine Nacht irgendwo bleiben, denn 5.000 Höhenmeter innerhalb von 24 Stunden ohne Akklimatisieren ist schon heftig. Aber so ein schöner Tag ist wie ein Sechser im Lotto und das muss man ausnutzen. Wir erreichen nach mehreren Kilometern den Eingang zum Nationalpark.
Hier verlassen wir die bisher sehr schöne Straße und fahren auf einer immer holpriger werdenden Schotterstraße durch Mondlandschaft auf den Parkplatz zur Wanderung. Immer mit Blick zum Gipfel.
Die letzten Kilometer sind richtig schlecht, Schotter, Wellblech, Schlaglöcher…
Und das Ganze auf dieser Höhe! Wir sind froh, als wir endlich oben sind. Für unser Auto bzw. einen VW T5.2 California mit Euro 5 Rußpartikelfilter ist dies der bisherige Höhen-Weltrekord, und auf genau 4.854 m darf sich der arme Bulli erst mal ausruhen, bis wir von unserer Wanderung zurück kommen.
Der erloschene Vulkan Chimborazo ist mit 6.310 m der höchste Berg Ecuadors. Auf Grund der ellipsoiden Gestalt der Erde ist sein Gipfel aber auch der Punkt, der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Also eigentlich höher als der Mount Everest!
Gleich zu Beginn unserer Wanderung treffen wir auf zahlreiche Gedenktafeln, die hier für die Opfer des Berges errichtet wurden. Das macht ja richtig Mut auf’s Weiterwandern!
Ein sehr schön angelegter Wanderweg (weitaus schöner als der am Cotopaxi) führt hinauf zur Schutzhütte auf 5.000 m, wobei man ständig den beeindruckenden Gipfel vor Augen hat.
Bereits nach 45 Minuten haben wir die Schutzhütte erreicht und legen die letzten Höhenmeter zurück, bis Normalos wie wir nicht weiter dürfen. Nur noch 100 Höhenmeter… von hier aus hat man einen schönen Blick zurück zur Hütte und ins Tal.
Hier, auf genau 5.105 m, ist unser Ziel erreicht.
Schade, denn uns geht’s richtig gut, wir haben zum Glück wieder keine Probleme mit der Höhe und würden gerne noch weiter gehen. Aber ab hier ist die Tour den richtigen Bergsteigern vorbehalten, die mit Kletterausrüstung und Führer den Gipfelsturm nachts um 22.00 h in Angriff nehmen. Das ist natürlich nichts für uns Flachlandtiroler. Wir begnügen uns mit einem “Gipfel-Selfie” und freuen uns über unseren persönlichen Höhenrekord.
Beim Abstieg blicken wir immer wieder zurück zum Gipfel, der sich durch die unterschiedlichen Wolkenformationen ständig in einem anderen Licht zeigt.
Als wir das Auto erreichen, halten wir uns gar nicht länger auf, schnell wollen wir runter von dieser für den Bulli so ungesunden Höhe. Wieder sind wir beeindruckt von dieser Mondlandschaft, durch die die Straße hinab führt.
Wir sehen fast keine Menschenseele, nur ab und zu einen Vicunja, einen kleineren Verwandten des Lamas, am Straßenrand. Die zur Familie der Kamele gehörenden Vicunjas wurden erst vor ein paar Jahren wieder in den südamerikanischen Anden ausgesetzt.
Man muss vorsichtig fahren, denn manchmal stehen ganze Herden von diesen putzigen Tieren direkt an der Straße.
Als wir schon fast wieder im Tal sind (“im Tal” heißt hier auf 3.000 m – weiter runter geht’s nicht), sehen wir immer wieder den Berg, noch immer nicht in Wolken verhüllt. Wir können unser Glück gar nicht fassen.
Am Ende des Tages haben wir das Chimborazo-Massiv einmal komplett umrundet, und den beeindruckenden Berg wirklich von allen Seiten bewundern können.
Vor lauter Euphorie merken wir erst jetzt am Nachmittag, dass wir eigentlich noch gar nichts gegessen haben, und als uns in Ambato ein leckerer Bratenduft in die Nase steigt, legt Thomas eine Vollbremsung ein. Hmmmm – das riecht ja verführerisch. Hendl? Schweinshaxen? Nein, ein “cuy” – ein gebratenes Meerschweinchen!!
Schlecht soll’s ja nicht schmecken, ähnlich wie ein Hühnchen. Hungrig darf man aber nicht sein, denn viel ist an dem Tierchen nicht dran. Und auch kein billiges Vergnügen: ein Meerschweinchen kostet ganze 20 USD. Wir verzichten auf diese Erfahrung und wenden uns lieber dem Altbekannten zu – das ist doch eher was nach unserem Geschmack, Hunger und Geldbeutel:
Als wir Riobamba erreichen, wird es langsam dunkel und wir haben noch immer keinen Übernachtungsplatz gefunden. Ein paar Kilometer weiter, am Lago Colta, wollen wir die Nacht verbringen und treffen dort auf Jasmin und Felix, die wir vor fünf Wochen in Ibarra kennengelernt haben. Wir freuen uns sehr, die beiden wieder zu sehen und sind froh, nicht ganz alleine auf der großen Schafweide stehen zu müssen.
Am nächsten Tag geht’s weiter nach Alausí, einer lebhaften kleinen Stadt, die vor allem für ihren Bahnhof bekannt ist.
Von hier aus fährt der Zug die berühmte Nariz del Diablo hinunter, wobei in dem engen Tal kein Platz für Kehren ist und der Zug nur durch vor- und zurückrangieren ins Tal abfahren kann (siehe Bild oben). Wir hatten eigentlich mit dem Gedanken gespielt, mitzufahren, aber als wir ankommen, wird gerade zur Abfahrt gepfiffen.
Eigentlich schade. Aber als wir sehen, dass die 30-minütige Fahrt seit 1. Juni stolze 30 USD pro Person kostet, sind wir nicht mehr traurig. Für die 60 USD hätten wir ja gleich drei Meerschweinchen essen können!
Wir fahren auf der Panamericana weiter nach Süden in Richtung Cuenca. Die Straße führt immer wieder in atemberaubenden Serpentinen hinauf auf über 3.500 m. Einfach nur spektakulär. Wir fragen uns immer wieder, wie es denn wohl den armen Radfahrern ergehen muss, die von Alaska nach Feuerland mit dem Fahrrad fahren!?!
Cuenca erreichen wir am Nachmittag und quartieren uns in der vornehmen Hostería Caballo Campana ein, acht Kilometer vom Ort entfernt. Eine richtig schöne Event-Location mit 30 Pferden.
Da am nächsten Tag eine große Hochzeit mit 300 Leuten stattfindet, verbannt man uns über’s Wochenende auf den großen Platz hinter den Pferdeställen. “Damit wir nicht gestört werden”, heißt es offiziell. Oder liegt’s an unserem Outfit, das ja wirklich so gar nicht zu den Smokings und Abendkleidern passt? Aber uns gefällt’s so gut hier hinter den Ställen, dass wir heute, nach fünf Nächten, noch immer hier stehen:
So einen großen Platz hatten wir noch nie für uns alleine – noch dazu mit Blick über die Stadt. Wir teilen uns die Toilette mit den Stalljungen und benutzen die Pferdetränke zum Abspülen und für die Morgen- und Abendtoilette. Bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht bald zu Wiehern anfangen…
Cuenca ist die drittgrößte Stadt Ecuadors und auf Grund ihrer kolonialen Pracht die wohl schönste Stadt des Landes. Enge, kopfstein-
gepflasterte Straßen, herrliche Plätze und Kirchen mit Kuppeln, weiß gestrichene Gebäude mit roten Ziegeln – man kann sich kaum satt sehen.
Am grasbewachsenen Ufer des Río Tomebamba trocknen Hausfrauen ihre Wäsche, andere nehmen ein Sonnenbad. Der schöne Fluss fließt mitten durch die Stadt.
Am Parque Calderón, dem Hauptplatz, steht die wunderschöne “neue Kathedrale”, das Wahrzeichen Cuencas, ein imposantes Backsteingebäude mit hellblauen Kuppeln.
Bereits von weitem kann man diese unverkennbaren Kuppeln sehen:
Um den Hauptplatz herum gibt es natürlich jede Menge von Darbietungen, musikalisch, akrobatisch, kulinarisch. Wer mich kennt, weiß, wie schwer es für Thomas ist, mich von diesem Süßigkeitsmarkt wegzubekommen:
Auch der Blumenmarkt lohnt auf jeden Fall einen Besuch:
Wir bummeln bei herrlichstem Sonntagswetter durch die schönen Straßen.
Und da der echte Panamahut ja in Ecuador gefertigt wird, darf natürlich ein Besuch im Museo del Sombrero nicht fehlen.
Hier wird einem erklärt, wie der Hut geflochten…
… und anschließend im heißen Wasserdampf in die Form gepresst wird.
Hier gibt’s wirklich für jeden was. Für jeden Kopf…
… und in jeder Farbe…
Mal wieder ist es der knapp bemessene Platz in unserem Auto, der uns von größeren Einkäufen abhält. Unsere Baseballkappen passen doch besser zu unseren Aktivitäten und Platzverhältnissen!
Unsere Strecke von Salinas nach Cuenca (743 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 68.712 km.
Blog erstellt am 16.06.2015 in der Hostería Caballo Campana in Cuenca, Ecuador.
1 Kommentar:
Hallo Claudia,
Hut steht dir echt gut !!
aaa+zzz
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