Während wir diesen Blogeintrag verfassen, stehen wir an diesem paradiesischen Standplatz, direkt am Pazifik, in Peru.
Aber erst genießen wir noch die letzten Tage in Ecuador, die schöne Bergregion, herrliche Wanderungen, nette Begegnungen. Leider nicht immer mit optimalem Wetter. Wie im Parque Nacional Cajas, den wir von Cuenca aus anfahren.
Der Nationalpark Cajas liegt im südlichen Hochland Ecuadors zwischen 3.100 und 4.450 Metern und besteht aus ca. 270 Seen und Lagunen.
Das Wetter spielt leider gar nicht mit. Als wir unser Auto am Visitor Center auf knapp 4.000 m abstellen, bläst uns schon ein eisiger Wind ins Gesicht. Dicke Nebelschwaden hängen über der Landschaft und der eine oder andere Regentropfen fühlt sich wie Eisregen in unseren Gesichtern an. Trotzdem unternehmen wir die Wanderung um die Laguna Toreadora.
Ein netter Wanderweg führt direkt am Ufer entlang und bietet immer wieder schöne Ausblicke auf den See. Nur die Kälte und die dünne Luft auf 4.000 m erinnern einen daran, dass man sich tatsächlich im Hochland befindet.
Gut durchgeblasen und tiefgefroren kehren wir nach Cuenca zurück, zu unserem Pferdehof, wo wir letztendlich neun Tage bleiben. Zu sehr haben wir uns an unsere Nachbarn, die Pferde, gewöhnt, die uns frühmorgens aus den Betten wiehern. Wir vermissen die netten Gespräche mit Carmita an der Rezeption und Toni, dem Pferdeflüsterer, der uns in alle Geheimnisse der Pferdezüchtung einweiht.
Schweren Herzens verlassen wir an Tag neun die Pferdefarm und machen uns auf den Weg zu unserem letzten Ziel in Ecuador, nach Vilcabamba, ganz im Süden von Ecuador. In der Hostería Izhcayluma finden wir ein wahres Paradies.
Bereits nach dem ersten Überfliegen der Speisekarte weiß man, woher die Eigentümer kommen: Kässpatz’n… Currywurst… Ja, die beiden Brüder Peter und Dieter sind Deutsche, Bayern sogar. Wenn das mal nicht unser Platz sein sollte!
Hier in dieser herrlichen Anlage gibt es alles, was das Herz begehrt. Restaurant, Swimmingpool, eigene Wanderwege hinter der Anlage, kostenlose Yogastunden etc.
Nach den neun Nächten am Pferdehof ohne Dusche genießen wir vor allem die heiße Dusche im sauberen Badezimmer. Alles ist perfekt. Wäre perfekt. Wenn da nicht diese undefinierbaren Monster wären. Sie tummeln sich in Scharen im Badezimmer vor allem an der Decke und am Türgriff oder Lichtschalter, so dass man sie immer wieder streicheln muss, ob man will oder nicht.
Zwar gehören sie zur Familie der Skorpione, sind aber völlig harmlos. Den wissenschaftlichen Namen kennen wir nicht. Ich nenne sie einfach mal “Igittosaurus Rex” und vermeide tunlichst einen Besuch des Badezimmers bei Dunkelheit.
Vilcabamba ist bekannt dafür, dass seine Einwohner steinalt werden. An keinem Ort der Welt soll es angeblich mehr Hundertjährige geben als hier. Entsprechend wird man gleich am Ortseingang begrüßt:
Man lebt hier sehr gesund – trinkt sogar sein eigenes Wasser.
Vom Hostel aus sind es grade mal zwei Kilometer bergab zum Ort, und dank unserer Fahrräder pendeln wir öfter auf und ab, um unsere Erledigungen zu machen oder einfach nur am Hauptplatz zu sitzen.
An jeder Ecke findet man Bioläden, Angebote für Yogaunterricht, Backpacker mit langen Rasterlocken, Hippies aus aller Herren Länder. Wie spießig kommen wir uns vor! Es herrscht hier wirklich “Teesockenalarm”! Alles irgendwie alternativ. Die Suche nach einem guten Bäcker oder Metzger geben wir bald auf. Das einzige Fleisch, das wir hier finden, ist eine Packung tiefgefrorenes Hackfleisch, das verschämt in einer Tiefkühltruhe vor sich hin gammelt – das Verfallsdatum wurde einfach mal von 15.3. auf 15.6. geändert. Ja, man lebt hier im Bio- und Ökorausch. Kein Wunder, dass die hier so alt werden! So gibt’s bei uns dann halt Zucchini all u can eat. Von dieser Monsterzucchini leben wir fünf Tage (Thomas seufzt verzweifelt: “holt mich hier raus!!”)
Was für ein Glück, dass wir gleich am ersten Tag die sehr netten Schweizer Jeannette und Fredy kennenlernen. Zusammen verbringen wir acht Tage in Vilcabamba. Die beiden sind zwar echte Schweizer, aber sie verwöhnen uns Tag für Tag mit super leckeren DEUTSCHEN (!) Bratwürsten. Haben wir ein Glück, dass man keine frischen Sachen mit über die Grenze nehmen darf – alles muss gegessen werden. Und da helfen wir natürlich gerne mit…
Am letzten Tag trennen sich unsere Wege – leider – denn die beiden fahren durch die Berge nach Peru, wir wollen lieber an der Küste entlang. Aber wir sind sicher und hoffen, dass wir uns ganz bald wieder treffen. Und bis dahin klappt’s dann NOCH besser mit dem Luftsprung!
Vilcabamba liegt in einem windstillen Tal. Schreibt der Reiseführer. Irgendwas haben wir da falsch verstanden. Denn während der ganzen Woche weht ein so stürmischer Wind, dass das Auto Tag und Nacht wackelt wie ein Segelboot auf hoher See. Trotzdem genießen wir in den Sturm- und Regenpausen nette Wanderungen wie diese hier mit Blick auf Vilcabamba.
Es ist ein ganz besonderer Service vom Hostel, und ein Luxus, dass man sich eine der vielen Wanderungen aussucht, und dann die entsprechende Wanderkarte mit genauester Beschreibung kostenlos erhält. Da macht das Wandern richtig Spaß.
Am einzigen schönen Sonnentag machen wir uns zur längsten der angebotenen Wanderungen auf. Der “Forgotten Road Trail” führt in acht Stunden über Berg und Tal, bis er nach 27 Kilometern und 1.200 Höhenmetern wieder am Hostel herauskommt. Gerade die erste Etappe über den hohen Bergrücken ist wunderschön.
Hinter jeder Kurve genießt man in alle Richtungen herrliche Ausblicke…
Nach drei Stunden erreichen wir einen winzig kleinen Ort – Tumianuma. Nachdem vor Jahren die Hauptzufahrtsstraße verschüttet wurde (daher der Name “Forgotten Road”) gibt es keine Touristen und nur ein paar Einwohner. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Wenn Vilcabamba der Ort der Hundertjährigen ist, dann ist Tumianuma der Ort der 120-Jährigen.
Hier sieht es aus wie in “High Noon” – heiß und ausgestorben…
Tatsächlich ist es 12:00 h mittags und an dem einzigen kleinen Laden legen wir bei einer eiskalten Cola unsere Mittagspause ein. Obwohl wir, wie wir finden, nach den drei Stunden eigentlich schon viel getan haben, meint ein Alter aus dem Dorf (geschätzte 117 Jahre): “Nur noch 5 Stunden, dann habt ihr’s geschafft!” Wie bitte – NOCH fünf Stunden?? Aber der Weg ist so schön, das Wandern macht so viel Spaß, dass wir tatsächlich, wenn auch kaputt, am Nachmittag in Vilcabamba ankommen. Da wir noch einige Einkäufe erledigen, und die letzten zwei Kilometer auf der Fahrstraße nicht so toll sind, beschließen wir, für diese letzte Strecke ein Taxi zu nehmen. Zufällig treffen wir Jeannette und Fredy und fahren zusammen mit dem Taxi nach Hause. So ein Taxi – hier sind das Pick-ups – hat allerdings nur drei Plätze. Einer muss hinten in den Laderaum:
Und so sieht der Blick aus diesem Cabrio-Taxi aus:
Nach acht Tagen heißt es dann endgültig Abschied nehmen. Von Vilcabamba, vom schönen Hostel, von Jeannette und Fredy. In Loja beim “Supermaxi” decken wir uns zum letzten Mal ein, bevor wir die letzte – sehr schöne Etappe – in Richtung peruanische Grenze fahren. Es ist bereits 18:00 h, als wir Arenillas, ca. 10 Kilometer vor der Grenze, erreichen. Für den Grenzübergang viel zu spät. Wir übernachten an einer Tankstelle, die direkt an einen Friedhof grenzt. Wir stehen direkt hinter der Urnenmauer. So ruhige Nachbarn hatten wir noch nie!! Doch obwohl die Tankstelle von 18:00 h bis 7:00 h geschlossen ist, machen wir fast kein Auge zu. Schließlich stehen wir direkt an der Panamericana, und der Straßenlärm ist doch sehr laut. Ziemlich gerädert und auch traurig, weil wir Ecuador nun verlassen müssen, machen wir uns frühmorgens auf den Weg nach Peru.
Adiós, Ecuador, du bist unser Lieblingsland der bisherigen Reise. Ob Städte, Berge, Küste, Amazonasgebiet – alles war herrlich. Eine solche Vielfalt auf so kleinem Raum findet man nirgendwo sonst auf der Welt. Und diese Vielfalt kombiniert mit der Liebenswürdigkeit der Menschen. Einfach einzigartig!
Der Grenzübertritt nach Peru am 30.06.2015 ist eine Komödie in drei Akten. Zuerst freuen wir uns wie die Schneekönige, als wir an der völlig leeren Grenze auf ecuadorianischer Seite ankommen. “The early bird catches the worm” – mal wieder erweist es sich als gut, wenn Mann (Frau nicht so gerne) früh aufsteht. Doch leider erklärt man uns, hier könne man nichts machen. Ausreise sowie Einreise erfolgen in Peru – am “binationalen Schalter”. Auch gut – fahren wir halt die fünf Kilometer weiter nach Peru… schon sind wir im neuen Land.
Auch das Zoll- und Einreisegebäude in Peru sehen noch sehr leer aus. Und das aus gutem Grund: “Tut uns leid, seit vier Tagen ist der Computer kaputt – ihr müsst wieder zurück nach Ecuador. Die machen das alles…” Ja, am Freitag ist wohl der Computer kaputtgegangen, und da langes Wochenende war und heute Dienstag ist, hat sich bisher keiner darum gekümmert. Na ja, dann halt wieder zurück nach Ecuador – welcome to Ecuador:
Der selbe nette Beamte von vorhin schaut erstaunt und meint: “Nein nein, wir machen das definitiv nicht, ihr müsst nach Peru”. Das darf doch nicht wahr sein! Nach längerem Hin und Her können wir zumindest den Ausreisestempel für uns bekommen. Leider ist inzwischen ein großer Reisebus angekommen und wir müssen uns ganz hinten anstellen! Und das, wo wir doch so früh aufgestanden sind. Mit viel Überredungskünsten (Thomas) und Charme (Claudia) bringen wir den Zollbeamten dazu, dass er uns ausnahmsweise weiterhilft, allerdings nicht ohne zu betonen, “dass das aber normalerweise in Peru gemacht wird”. Auch egal, Hauptsache, wir können endlich weiter nach Peru. Und ab jetzt geht alles ganz schnell. Fünf Minuten Einreise, fünf Minuten Zollpapiere, fünf Minuten für den Abschluss der Auto-Versicherung. Die Leute sind alle sehr nett, wir werden mit kostenlosen Plänen und peruanischen Bonbons ausgestattet, die Polizei ist sehr hilfsbereit und zu Späßen aufgelegt. Ein toller Einstieg – jetzt sind wir offiziell in Peru!
Unglaublich nur, dass es allen gleich ergeht – jeder wird erst mal falsch geschickt, zuerst nach Peru, dann wieder zurück nach Ecuador. Die armen französischen Radfahrer, die uns auch wieder entgegenkommen. Bei 33°C ist dieser Umweg von 10 Kilometer nicht so angenehm. Man könnte ja auch jemanden an die Straße stellen, der einem schon in Ecuador sagt, dass die peruanischen Computer kaputt sind.
Gleich nach der Grenze sieht man schon den großen Unterschied zwischen den beiden Ländern. Peru ist arm, staubig, und längst nicht so schön wie Ecuador. In Tumbes, der ersten größeren Stadt, tauschen wir Geld. Hier bezahlt man mit Soles – jetzt ist wieder Kopfrechnen angesagt. Wir machen noch einen kleinen Bummel durch die bunte Stadt.
Weiter geht’s an der Küste bis Zorritos zum Campingplatz Puntas 3 Grillos. Grade rechtzeitig zum Sonnenuntergang finden wir einen herrlichen Platz direkt am weißen Strand.
Und weil es uns so gut gefällt, bleiben wir gleich noch einen weiteren Tag hier, den wir mit Strandspaziergang, Lesen und Reiseplanung verbringen.
Weit kommen wir am nächsten Tag nicht – grade mal 7 Kilometer. Denn da befindet sich schon der nächste schöne Platz. Der Swiss Wassi Campground. Ja, von den Schweizern kommen wir nicht los. Wieder ein toller Platz mit fantastischen sanitären Anlagen. Was uns nicht so gefällt, sind die peruanischen Nackthunde, von denen es hier am Strand ganze Rudel gibt.
Hässlich sind sie, aber warm wegen ihrer erhöhten Körpertemperatur. Vielleicht sollten wir einen einpacken, wenn’s wieder in die kalten Berge geht?
Der Einstieg in Peru ist bisher sehr positiv. Wir genießen die schönen Tage am wirklich herrlichen Strand und sind schon sehr gespannt, welche Abenteuer dieses neue Land für uns bereit hält.
Unsere Strecke von Cuenca nach Zorritos (685 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 69.397 km.
Blog erstellt am 03.07.2015 am Campground Swiss Wassi in Zorritos, Peru.
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