Oaxaca, die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates, ist durch seine wunderschöne koloniale Innenstadt, seine Folklore, zahlreichen Feste und seine ursprünglichen Märkte mit allem nur erdenklichen Kunsthandwerk eines der attraktivsten Reiseziele in Mexiko.
Wir wohnen etwas außerhalb, in Santa María del Tule, bei Leanne und Calvin aus Kanada. Die beiden vermieten ihren Garten an Reisende, und wir genießen die familiäre und sehr schöne Umgebung (www.overlanderoasis.com). Und die in der Tat saubersten sanitären Einrichtungen Mexikos.
Tule ist bekannt für seinen Árbol del Tule, einen riesengroßen Baum. Diese mexikanische Sumpfzypresse hält einen Weltrekord als dickster Baum der Welt. Der Baum steht im Hof der Kirche der Ortschaft. Er weist einen Stammdurchmesser von 11,42 Metern (andere Quelle: 14,05 Meter) und einen Stammesumfang von 58 Metern auf. Der „Baum von Tule“ soll 2.000 Jahre alt sein (andere Quellen schreiben von 4.000 bis 6.000 Jahren).
Von hier gelangt man mit dem öffentlichen Bus ohne Probleme (ja, inzwischen sind wir Experten im Busfahren!) in 30 Minuten in die Innenstadt von Oaxaca. Hier machen wir einen ausgedehnten Stadtbummel und erfreuen uns an der Schönheit der Kirchen und Gebäude und der bunten Märkte.
Heute ist hier im Ort “Miércoles de Danza”, der Mittwoch, an dem getanzt wird. Mitten in der Stadt trifft sich jung und alt, gut gekleidet, und tanzt voller Lebensfreude. Selbst trotz vielen guten Zuredens weigert sich Thomas hartnäckig, sich unter die Tanzenden zu mischen. Eigentlich schade – aber das Zuschauen macht auch großen Spaß.
Hier in Oaxaca erleben wir zum ersten Mal die Unzufriedenheit und die Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung. Der ganze Hauptplatz ist im Belagerungszustand und voller Zelte, und unzählige Plakate erinnern an die 43 Studenten, die seit einiger Zeit verschwunden sind.
Oaxaca ist allerdings nicht nur wegen der schönen Stadt bekannt, sondern auch wegen des Monte Albán, einer archäologischen Ausgrabungsstätte 10 Kilometer von Oaxaca entfernt.
Monte Albán, die ehemalige Hauptstadt der Zapoteken, liegt 2000 m über dem Meeresspiegel auf einer künstlich abgeflachten Bergkuppe und war das religiöse Zentrum der Zapoteken, später der Mixteken. Erhalten sind umfangreiche Reste von Wohn- und Kultbauten, ein Observatorium, Grabkammern mit Skulpturen und Wandmalereien. 1987 wurde Monte Albán zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Allein schon der Blick von hier oben über die Stadt ist atemberaubend.
Hier herrscht eine ganz eigene Stimmung. Wenig Touristen, friedlich, ruhig, landschaftlich traumhaft schön. Das monumentale Zentrum Monte Albáns ist der Hauptplatz, der etwa 300 x 200 m misst.
Die Pyramiden und alten Gebäude sind zum Teil noch sehr gut erhalten.
Wir sitzen lange auf den Stufen und genießen die ganz spezielle Atmosphäre.
Nach drei Tagen fällt es uns nicht leicht, von Oaxaca und von Leanne und Calvin Abschied zu nehmen. Letzter Akt in Oaxaca ist eine Autowäsche, die längst fällig ist. Zu viele Vögel haben es sich auf oder über unserer Dachbox bequem gemacht, und die Wäsche kann nicht mehr warten. An jeder Straßenecke gibt es eine Autowasch”anlage”, ich weiß auch nicht, wieso sich Thomas gerade diese ausgesucht hat:
Leider ist die Wäscherin seines Vertrauens heute nicht da, aber der Kollege macht auch einen tollen Job und das Auto erstrahlt in neuem Glanz.
Bei der Weiterfahrt werden wir immer wieder darauf hingewiesen, dass wir uns in der Gegend des Mezcal befinden.
Mezcal ist der Überbegriff für mexikanische Agavenschnäpse, zu denen auch der Tequila gehört. Der Name Mezcal kommt vom Spanischen "mescales" das in Mexiko soviel heißt wie Agave.
Alle paar Meter befindet sich eine Schnapsbrennerei. Diesmal begnügen wir uns mit einem kurzen Blick in die Brennerei und verkneifen uns die angebotenen Proben. Wir wollen ja noch weiterfahren. Hier erklärt man uns auch, dass jeder Tequila ein Mezcal ist, aber nicht jeder Mezcal ein Tequila. Tequila ist ein hochwertiger Mezcal aus der Region Tequila, der nur aus blauen Agaven hergestellt wird.
Was uns aber mindestens genauso interessiert, sind die verschiedenen Kunsthandwerke, die man am besten in Teotitlán bewundern kann. Hier lassen wir uns genau die einzelnen Schritte einer Teppichweberei erklären:
Vom Spinnen (ich glaub’ ich spinn)…
… über das Färben (nur mit natürlichen Produkten) und Trocknen der gefärbten Wolle…
… bis hin zum Endprodukt. Dieser wunderschöne Teppich mit dem Baum-/Vogelmotiv (96 verschiedene Farben, 10 Monate Arbeitszeit) hat einen landesweiten Preis gewonnen:
Ganz in der Nähe von Teotitlán befinden sich die Ruinen von Mitla.
Auch die Palastanlage von Mitla ist ein UNESCO Weltkulturerbe. Die Palastwände sind mit unverwechselbaren geometrischen Mosaiken dekoriert, die charakteristisch für die Gebäude in Mitla sind:
Bei unserer Weiterfahrt zu Hierve el Agua, den versteinerten Wasserfällen, lassen wir uns von unserem Navi mal wieder zur “kürzesten Strecke” überreden. Wie immer ist die kürzeste Strecke nicht unbedingt die beste und schnellste. Dies merken wir bereits nach den ersten Kilometern, als wir über eine steile Schotterstraße immer höher in die Berge hinauffahren. Kein anderes Auto gibt es hier, nur noch Schafe und Ziegen…
Hoch oben auf dem Berg begegnen wir dem ersten menschlichen Wesen. Sehr erfreut über unsere Ankunft scheint dieser Herr hier nicht zu sein. Er scheint direkt aus einem Karl May Film entsprungen.
Als wir endlich oben angelangt sind, geht’s auf der Rückseite wieder hinab, wo man schon von weit oben die Hierve el Agua sieht, die mitten in der schönen Berglandschaft liegt:
Diese “versteinerten Wasserfälle” sind über Tausende von Jahren durch Abtröpfeln von kohlensäurehaltigem Wasser entstanden. Im oberen Teil befinden sich einige kleine Pools, aus denen das Wasser mit einer Temperatur von ca. 24°C entspringt. Von dort aus tröpfelt das Wasser hinab und hinterlässt aufgrund seines hohen Mineralgehalts Ablagerungen, wenn auch nur einige Milligramm.
Hier nur eine kleine Auswahl der unzähligen schönen Anblicke:
Wir übernachten am Parkplatz und genießen die Stille, nachdem alle Besucher weg sind. Man hört lediglich das leise Sprudeln der Quellen. Der Blick von unserem Schlafzimmer aus ist gigantisch:
Am nächsten Tag erwartet uns eine lange Etappe: 550 Kilometer bis zum nächsten Übernachtungsplatz. Wir brauchen auch tatsächlich über acht Stunden dafür. Wir kommen dabei ganz nah an die Pazifikküste und merken das auch an den Temperaturen: die feuchtheißen 37°C erschlagen uns fast und wir sind froh, dass wir wieder in die Berge kommen. Hier erreichen wir auch Chiapas, den südlichsten Bundesstaat Mexikos, der an Guatemala grenzt:
In Ocozocoautla erreichen wir endlich unser Ziel: ein Kinderheim, in dessen Garten wir drei Nächte übernachten.
Bei Tuxtla Gutierrez, der Hauptstadt von Chiapas, machen wir einen Abstecher zum Sumidero Canyon. Von diesem Aussichtspunkt blickt man 1000 Meter senkrecht hinab auf den tief eingeschnittenen Fluss:
Der Blick auf die Steilwände ist spektakulär. Das kleine Reiskorn im Fluss ist eines der Boote, mit denen man in den Canyon hineinfahren kann:
Wirklich ein toller Abstecher, den man unbedingt mitnehmen sollte, wenn man in der Gegend ist!
Tuxtla Gutierrez liegt auf 400 m, unser nächstes Ziel, San Cristóbal de las Casas, auf 2.100 m. Die 50 Kilometer zwischen den beiden Orten verbindet eine gute und landschaftlich sehr schöne Straße, die stetig hinaufführt, ohne jede Kurve. Als wir oben ankommen, fühlen wir uns wie in einer anderen Welt. Die Stadt befindet sich im zentralen Hochland von Chiapas und ist ein Pueblo Mágico.
Das Bergland um San Cristóbal wird hauptsächlich von Mayas bewohnt. Auch hier im Ort werden zum Teil noch indigene Traditionen und Lebensweisen bewahrt und gepflegt. Leider zeigt sich uns der ansonsten bunte Ort nur von seiner grauen Seite – den ganzen Tag spazieren wir im Nieselregen, der durch die tief hängenden Wolken kommt, durch die Stadt.
Es ist kalt, grau und unwirtlich. Man erzählt uns, dass dies hier normal sei. Die Sonne kommt nur selten zum Vorschein. Schade, denn es gibt hier viele schöne Dinge zu sehen. Besonders gut gefallen uns die vielen Straßenverkäufer mit zum Teil originellen Waren, wie hier dieser Vogelverkäufer, der auf seinem Rücken eine ganze Schar von Wellensittichen herumträgt.
Auffallend hier sind die vielen Aussteiger und alternativ Angehauchten. Hier trägt man Rasterlocken und Lamadecken über den Schultern. Wir kommen uns in unseren Fleecejacken und Wanderhosen ganz schön spießig vor!
Da wir den Ort doch noch mal bei Sonnenschein erleben wollen, verlängern wir um einen Tag und haben Glück: zumindest für ein paar Stunden lässt sich die Sonne blicken und wir machen uns nochmal auf den Weg, um die heute viel schönere und buntere Stadt zu erkunden. Wir steigen zum höchsten Punkt der Stadt mit ihrer schönen Kirche hinauf:
Heute sind viel mehr Leute unterwegs, vor allem auch die Einheimischen in ihren original Trachten:
Wie überall lockt das gute Essen, von dem es hier für alle Geschmacksrichtungen etwas gibt:
Die ach so leckeren Pollos Asados (Brathendl)…
… gepflegte schöne Restaurants mit einem tollen Angebot an Speisen…
… und selbst Fast Food darf hier nicht fehlen, zum Glück gut getarnt:
Genauso schnell wie die Sonne kam, verschwindet sie auch wieder, und wir verbringen (mal wieder) den Nachmittag bei kühlem Nieselwetter im Auto.
Jetzt haben wir aber wirklich genug gefroren und freuen uns auf unser nächstes Ziel Palenque mit seinen Mayaruinen mitten im Dschungel.
Unsere Strecke von Oaxaca nach San Cristóbal de las Casas (736 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 58.363km.
Blog erstellt am 06.02.2015 in San Cristóbal de las Casas in Mexiko.
1 Kommentar:
Hej cool, Ihr zwei!!! Konnte man in den Pools an den versteinerten Wasserfällen auch baden?
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