In der letzten Woche durchlebten wir alle vier Jahreszeiten im Schnelldurchgang. Vor ein paar Tagen noch dichtes Schneetreiben mit ungemütlichen Minusgraden in Wyoming bis zu fast unerträglichen 37°C in Boulder, Colorado. Dazwischen immer wieder herrlichster “Indian Summer” in den leuchtendsten Farben…
An den Yellowstone National Park schließt sich gleich südlich der Grand Teton National Park an, berühmt für seine hohen Berge. Die Bergriesen der Grand Teton Range erheben sich unvermittelt aus der Prärie Wyomings. Der höchste Gipfel, der Grand Teton, misst 4.197 m.
Es gibt so ein typisches Bild, das jeder im Kopf hat, wenn er an Grand Teton denkt: ein paar markante 4.000er, davor ein paar Bisons oder Elche…
Als wir ankommen, sieht das Ganze aber nicht so einladend aus – dicke Gewitterwolken hängen über den Bergen:
Schnell fahren wir weiter nach Jackson am Südausgang des Parks und heben uns die Berge für schöneres Wetter auf.
Jackson ist ein netter Ort, ausgerichtet auf Berg- und Wintersportler. Der Ort besteht hauptsächlich aus Hotels und Ausrüstungsverleihern. Typisch für die Gegend auch hier die Torbögen aus Elch- und Hirschgeweihen:
Am Abend trifft man sich in der “Million Dollar Cowboy Bar”. Hier ist alles noch sehr ursprünglich und man sitzt nicht auf dem Barhocker, sondern – mehr oder weniger fest – im Sattel:
Das Warten hat sich gelohnt, am nächsten Morgen präsentieren sich die Titten, äh, Teton, im schönsten Sonnenlicht:
Wir nützen den Tag und unternehmen eine lange Wanderung um den Bradley Lake und den Taggert Lake. Nachdem wir die erste Nacht genau gegenüber der Bergkulisse verbracht haben, ziehen wir uns für die zweite Nacht in die Red Hills zurück:
Vorsichtshalber checken wir im Visitorcenter noch schnell den Wetterbericht für den nächsten Tag. Zum Glück, denn für den nächsten Morgen ist Schneefall angesagt! Um in der Einsamkeit der Red Hills nicht eingeschneit zu werden, brechen wir früh auf und flüchten aus dem Tal. Selbst die Bisons scheinen den Wetterumschwung zu bemerken und rennen wie wild geworden in einer Stampede durch die Gegend:
Bereits wenige Kilometer weiter beginnt es tatsächlich zu schneien…
… und hört den ganzen Tag nicht auf. Bei dichtem Schneetreiben fahren wir stundenlang Richtung Osten durch Wyoming. Nur in Dubois und Riverton machen wir längere Stopps und verbringen mehrere Stunden in den örtlichen Büchereien, die wir immer besonders gerne ansteuern, um unsere E-Mails zu checken und im Internet zu surfen.
Bereits am nächsten Tag ist der Winterzauber vorbei und was bleibt, ist eine überzuckerte Landschaft bei traumhaftem Sonnenschein:
An diesem Tag wollen wir den nächsten Bundesstaat, Colorado, ansteuern. Wie immer ist auch hier in Saratoga, einem der letzten Orte in Wyoming, unsere erste Anlaufstelle das Büro der National Forest Verwaltung.
An dieser Stelle ein großes Lob auf diese Institution. Hier wird man nicht nur mit unendlich vielen und guten Hiking-Vorschlägen versorgt, sondern bekommt auch bereitwillig Auskunft über die vielen Übernachtungsmöglichkeiten an den “Dispersed Campsites” im National Forest. Dies sind kostenlose und meistens herrlich gelegene Plätze ohne jede Infrastruktur. “Pack it in, pack it out” ist hier das Motto. In den letzten Wochen haben wir ausschließlich an diesen schönen Plätzen übernachtet, wie zum Beispiel am Grassy Lake am Nordeingang des Grand Teton NP…
… oder hier in den Red Hills am Osteingang des Grand Teton NP:
Die Zufahrten zu diesen Plätzen sind allerdings manchmal nerven- und materialaufreibend, und trotz 4-Radantrieb sind sie oft nur schwer zugänglich:
Obwohl wir eigentlich direkt nach Colorado wollen, empfehlen uns die Ranger in Saratoga, unbedingt einen Abstecher über die Snowy Range zu machen. Dieser Tipp ist Gold wert. Wir übernachten auf kalten 2.800 m und machen eine wunderschöne Bergtour auf den Medicine Bow Peak.
Wir haben fast vergessen, wie kalt der Wind hier oben auf 3.500 m blasen kann und halten uns trotz herrlichster Fernsicht nicht lange auf.
Der Abstecher über die Snowy Range hat sich mehr als gelohnt und wir sind fast ein bisschen traurig, dass wir Wyoming nun hinter uns lassen. Aber wir freuen uns auf Colorado, auf “Colorful Colorado”.
“Colorful” ist im wahrsten Sinn des Wortes angebracht. Hier ist der Indian Summer mit seiner herrlichen Laubfärbung ausgebrochen, und wir kommen kaum voran, da wir alle paar Minuten anhalten und versuchen, die bunten Farben auf einem Foto festzuhalten.
Bei unserer Fahrt zum Rocky Mountains National Park überqueren wir immer wieder die Continental Divide, die Wasserscheide, von der aus die Flüsse in den Pazifik bzw. in den Atlantik fließen:
Hier in Colorado bekommen wir auch zu spüren, dass die für den Amerikaner wichtigste Jahreszeit, die Hunting Season, angebrochen ist. Haben wir uns letztes Jahr noch darüber lustig gemacht, dass man zum Wandern Warnwesten anziehen sollte, um nicht versehentlich erschossen zu werden, so sind wir uns diesmal der Gefahr voll bewusst. Hobbyjäger, soweit das Auge reicht, manche sehen wirklich nicht so aus, als hätten sie ihre Waffe voll im Griff. Die Leuchtweste ist also angebracht, selbst wenn man nur mal schnell im Wald verschwindet (oder vielleicht gerade dann). Hinter die vielen Regeln des Jagens sind wir noch nicht gekommen. So richtig konnte uns auch noch kein Ranger erklären, wieso man einen Flügel des erlegten Fasans in dieser Box deponieren muss:
Bevor wir den Rocky Mountains National Park erreichen, finden wir mal wieder einen herrlichen kostenlosen Campground kurz vor dem Parkeingang mit einem “Million Dollar Blick” über den Lake Granby:
Von hier sind es nur ein paar Kilometer zum Park, der gerade sein 100jähriges Jubiläum feiert.
Mit jährlich an die 3 Mio. Touristen zählt der Rocky Mountain NP zu den am meisten besuchten Parks in den USA. Es gibt unzählig viele Wanderungen, die höchste Tour führt auf den Longs Peak mit 4.345 m. Wir wandern bis zur Quelle des Colorado River und können es gar nicht glauben, dass dieses kleine Rinnsal derselbe Fluss ist, der sich später durch den Grand Canyon schlängelt und schließlich bei Mexiko in den Pazifik mündet.
Sehr spektakulär ist die Durchquerung des Parks auf der Trail Ridge Road, der höchsten asphaltierten Passstraße der USA. Auf dem Pass in fast 3.600 m Höhe befindet sich auch das höchstgelegene Visitorcenter der USA, das allerdings nur an 3 Monaten im Jahr geöffnet ist.
Von hier führt uns eine kleine Wanderung auf unseren ersten 12.000er auf dieser Reise (3.660 m):
Die höchste Stelle der Passstraße liegt auf 3.716 m:
Trotz einiger Bedenken wegen der Höhe macht der Bulli ohne zu meckern mit und springt auch oben trotz der kühlen Temperaturen sofort wieder an.
Wir verlassen den Park auf der Ostseite in Ester Park und machen uns auf den weiteren Weg Richtung Boulder mit einem kurzen Übernachtungsstopp im Roosevelt National Forest.
Und hier das “Aktuelle Kochstudio”, heute mit dem Beitrag: “Wie gelingt mein Hefeteig auch auf 2.800 m?”
Anm. d. Red.: Es war das beste Brot, das wir jemals hatten…
In Boulder erwartet uns nochmal der Hochsommer mit Temperaturen bis zu 37°C. In der quirligen Universitätsstadt leben ca. 100.000 Menschen, davon studieren 30.000 an der University of Colorado Boulder. Wir schlendern die Fußgängerzone, die Pearl Street Mall, entlang, wo sich Cafés, Buchläden und Yogaschulen aneinanderreihen.
Sehr lange halten wir es hier wegen der unerträglichen Hitze nicht aus (uns soll’s noch einer Recht machen!!) und wir ziehen uns wieder zurück in die naheliegenden Berge, denn hier oben, 1.000 Meter höher, weht wieder ein angenehm kühles Lüftchen, gerade richtig, um am nächsten Tag noch eine schöne Wanderung zu machen.
So richtig Lust auf eine Großstadt haben wir beide nicht, aber in Denver soll es gute Infrastruktur und Outdoorläden geben. Wir begeben uns also ins Getümmel. Und wie so oft – wenn man sich auf etwas gar nicht freut, dann gefällt’s einem besonders gut.
Denver wird die “Mile High City” genannt, weil sie exakt eine Meile, also 1.609 m, über dem Meeresspiegel liegt. Besonders attraktiv macht sie auch ihre Nähe zu den Rocky Mountains.
Unsere erste Anlaufstelle ist der R.E.I.(Recreational Equipment Inc.), ein riesengroßer und hervorragender Outdoorladen, der in einer alten Eisenbahnhalle untergebracht ist. Wir verbringen hier mehr als zwei Stunden und finden u.a. auch den lange gesuchten neuen Schlafsack.
Von hier aus erkunden wir per Fahrrad “LoDo”, den Historic District Lower Downtown, mit seinen Lagerhäusern aus den Gründungsjahren der Stadt, und die 16th Street, “The Mall”. In dieser Fußgängerzone reihen sich Boutiquen, Cafés und kleine Läden aneinander. Hier gibt’s wirklich alles – seit ca. 1 Jahr ist Colorado einer der wenigen Bundesstaaten, in denen Marihuana legal erworben werden kann (und nicht nur für medizinische Zwecke):
Beeindruckend sind aber auch die Hochhäuser der Downtown…
… das State Capitol mit seiner weithin sichtbaren goldenen Kuppel…
… und die berühmten Figuren vor dem Performing Arts Complex:
Traumjob Polizist in Denver – wer möchte bei diesen Maschinen kein Polizist sein?
Wir sind von Denver restlos begeistert, einziger Wehmutstropfen: die US Mint, die wir unbedingt besuchen wollten, hat nur von Montag bis Donnerstag geöffnet, bei unserem Denver-Besuch am Freitag sind leider alle Tore verschlossen. Heute stammen sämtliche Münzen der USA aus Denver. Die Produktionskapazität liegt bei 50 Mio. Stück täglich!
Von Denver aus geht’s über Idaho Springs und den 3.300 m hohen Eisenhower Tunnel, der direkt unter einem Schigebiet durchführt, nach Breckenridge.
Thomas hat Mühe, den Ort inmitten des riesigen Schigebietes wiederzuerkennen, wo er vor 25 Jahren im Schiurlaub war. Bereits der Ort liegt auf knapp 3.000 m, das Schigebiet geht bis auf über 4.000 m hinauf. Obwohl wir uns seit mehreren Wochen zwischen 2.500 m und 3.000 m bewegen, kommt man selbst beim Stadtspaziergang ganz schön ins Schnaufen.
Zur Suche unseres Nachtquartiers fahren wir auf einer Passstraße hinauf in die Berge…
Wahrscheinlich liegt’s auch an der Höhe, dass Thomas heute gleich zwei Kronen verliert!?! Unsere weitere Strecke richtet sich also nicht nach einer schönen Landschaft, sondern nach einem hoffentlich guten Zahnarzt.
Unsere Strecke vom Grand Teton National Park über Denver nach Breckenridge (1.654 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 46.611 km.
Blog erstellt am 20.09.2014 in Breckenridge, Colorado (USA).
5 Kommentare:
Hallo Thomas,
komme gerade vom Zahnarzt. Er hat auch gar nicht gebohrt, ich habe eine neue Krone bekommen! Sei tapfer Manfred
Zu den Bildern....Scho schee
zu Thomas: hoffe du hast die neuen Beisserchen gut überstanden
aaa + zzz
Hallo Claudia, hallo Thomas,
als wäre es gestern, eine tolle Hochzeitsfeier am Tegernsee. Wir wünschen Euch ein lauschiges Plätzchen an einem einsamen (Tegern)See, wo Ihr Euern Tag richtig genießen könnt.
Es grüßen aus Bonita ganz herzlich Selina, Patty, Irene, Claus, Manfred und Peppermint.
Was haben John Lennon und Claudia Ernst gemeinsam?
Richtig! Den Geburtstag. Happy Birthday liebe Claudia aus Bonita.
Claudia: They collect the wings so that biologists can determine the age and health of the bird population in order to set the bag limits for the next season.
---- Peter
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