Auf der Rancho de Salento verbringen wir letztendlich fünf Tage. Direkt am Fluss, auf einem romantischen Stellplatz. Während der fünf Tage sind wir die einzigen Gäste, genießen den ruhigen Platz und machen von hier aus schöne Wanderungen in die nähere Umgebung. Fehlen darf hier natürlich auf keinen Fall der Besuch einer Kaffeefarm. Wir entscheiden uns für die Finca El Ocaso, die wir zu Fuß auf einer vier Kilometer langen Wanderung erreichen.
Hier erklärt uns Alexander in einer interessanten 2-stündigen Führung alles über den Kaffeeanbau, vom Lebenszyklus der Kaffeesträucher über den Röstprozess bis hin zur leckeren Tasse “Café de Colombia”.
Neben der sehr anschaulichen mündlichen Führung auf Spanisch gibt es zu jeder Station Schautafeln mit der entsprechenden Übersetzung auf Englisch. Wie gut für uns, denn einiges kommt uns doch ein bisschen spanisch vor.
Wir dürfen selber eine Kaffeepflanze pflanzen…
… jeder bekommt ein Körbchen umgeschnallt und wir dürfen beim Pflücken helfen…
… natürlich nur die reifen, roten Kirschen, aus denen wir dann die rohen Kaffeebohnen quetschen dürfen:
Aber zur Trennung von Schale und Bohne gibt es natürlich eine einfachere Methode, nämlich eine Mühle, in die wir unsere mehr oder weniger ergiebigen Erträge schütten.
Hier werden die Bohnen gewaschen…
… bevor sie im Trockenboden bis zu vier Wochen lang – je nach Wetterlage – getrocknet werden.
Danach geht’s ab in die Röstung, und zum Ende der Führung kommt dann der kulinarische Höhepunkt: eine Tasse frisch zubereiteten Kaffees. Alexander erklärt uns, wie heiß das Wasser sein soll, wie man den Kaffee aufbrüht, und dass man den ersten Schluck ruhig schlürfen darf, um das Aroma optimal genießen zu können.
Seither praktizieren wir dieses Ritual jeden Morgen, aber trotz optimaler Temperatur und geräuschvollem Schlürfen gelingt uns dieses Geschmackerlebnis nur sehr mäßig. Toll war die Führung. Wir haben viel gelernt und viel Spaß gehabt!
Auf dem Rückweg nehmen wir noch ein Souvenir der Finca mit. Ein sehr netter Hund begleitet uns über die vier Kilometer bis zu unserem Platz, macht es sich vor unserer Tür bequem und verjagt jeden, der nur versucht, in unsere Nähe zu kommen.
Er bleibt auch über Nacht, wir kochen für ihn Reis mit Fleischbrühe (schmeckt dem Senor aber nicht, wir essen es aber gerne), und haben ihn so ins Herz geschlossen, dass wir uns ernsthaft überlegen, ob wir ihn nicht mitnehmen sollen. Sehr schweren Herzens lassen wir ihn zurück. Es passiert immer wieder, dass sich frei laufende Hunde einem anschließen. Mal schauen, wie lange wir noch standhaft bleiben!
Salento, der Ausgangsort für das Valle de Cocora, ist ein netter kleiner Ort mit bunten Häusern, auf dessen zentralem Marktplatz vor allem an den Wochenenden die Hölle los ist.
Auf der Plaza Mayor versammeln sich die typischen Jeep-Taxis, die einen für wenig Geld ins nahe gelegene Valle de Cocora transportieren:
Wir starten zu unserem Ausflug in dieses phänomenal schöne Tal aber mit unserem eigenen Auto. Ein breiter, samtig grüner Talboden, links und rechts zerklüftete Bergspitzen. Und dazwischen immer wieder die beeindruckenden Wachspalmen, die bis zu 60 Meter hoch sind. Es ist wie im Märchen – schöner geht’s nicht!
Wir machen eine herrliche Wanderung hinauf zur Finca La Montana auf knapp 3.000 m und können uns gar nicht sattsehen an der spektakulären Landschaft. Die ganz kleine Ameise links unten ist übrigens Thomas…
Wir kommen immer höher hinauf, in die Region, wo der Nebelwald die Wachspalmen ablöst…
… bis wir schließlich auf 2.860 m die Finca La Montana erreichen. Unglaublich, welch schöne Blumenpracht und Almidylle es in dieser Höhe gibt!
Der Rückweg führt uns wieder durch die Wachspalmen-Wälder, und wieder sind wir total beeindruckt von diesen Riesen, neben denen wir uns wie völlig bedeutungslose Zwerge vorkommen:
Am letzten Tag machen wir noch von unserem Platz aus eine Wanderung zu den Wasserfällen “St. Rita”, wobei hier vor allem der Weg das Ziel ist. Durch dichten Dschungel und über abenteuerliche Hängebrücken erreichen wir nach einer Stunde den Wasserfall.
Wir könnten noch ewig bleiben, aber nach fünf Tagen machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel, Popayán. Es ist der 1. Mai, auch hier in Kolumbien ein Feiertag und somit langes Wochenende. Um ein wenig den Partynächten in der Stadt zu entkommen, verbringen wir zwei Nächte im Ecoparque Rayos del Sol kurz vor Popayán. Die Fahrt dorthin führt wieder über einige Berge und durch mehrere Schlechtwetterzonen. Was aber die zahlreichen Motorradfahrer, von denen es hier um ein Vielfaches mehr gibt als Autos, nicht abschreckt. Dieses Gespann hier – bereits bei Einbruch der Nacht, bei schwerem Gewitter und zu zweit auf dem kleinen Moped – transportiert sogar noch eine Kuh – unglaublich:
Man wundert sich immer wieder, wie viele Leute auf so ein kleines Motorrad passen. Oft ganze Familien, zwei bis drei Erwachsene, und dazwischen kleine Kinder. Fünf Personen sind da keine Seltenheit. Bezüglich der Personenzahl und der Straßenbeschaffenheit sind keine Grenzen gesetzt. Und so verwundert es einen auch nicht, wenn man auf ein solches Verkehrszeichen trifft:
Wer würde bei uns denn auf die Idee kommen, eine solche steile Treppe mit dem Motorrad zu fahren!
Im “Ecoparque Rayos del Sol” bei Maria und Armando verbringen wir zwei schöne ruhige Tage. Zu der Finca gehört ein eigener, sehr schön angelegter Wanderweg zum Fluss. Obwohl man den ca. einstündigen Weg sogar im Schlaf finden würde, sind Maria und Armando so besorgt um uns, dass sie uns gleich eine ganze kolumbianische Familie mitschicken, vom Enkel bis zum Opa. Da kann ja nichts mehr schief gehen. Wir verbringen einen netten Tag mit interessanten und lustigen Gesprächen.
Popayán ist ein nettes kleines Kolonialstädtchen mit schneeweißen Häusern, alten Villen und einer der besten Universitäten Kolumbiens. Leider ist das Wetter mal wieder bedeckt. Als es auch noch anfängt zu regnen, begnügen wir uns mit einem kurzen Stadtbummel.
Hier in der Innenstadt sind wirklich alle Häuser weiß, lediglich diese gelbe Kirche ist der einzige Ausrutscher bzw. Farbtupfer:
Unsere nächste Etappe führt uns nach Pasto, dem letzten größeren Ort in Kolumbien, wo wir nochmal alles erledigen wollen, bevor wir nach Ecuador einreisen. Die Fahrt dorthin ist wieder spektakulär. Man überquert Berge bis zu 3.000 m Höhe und kann atemberaubende Blicke in den tiefen Canyon genießen.
Manchmal sieht man schon von weitem die in den Berg gehauene Straße und die Tunnel, in die man erst 30 Minuten später einfährt:
Kurz vor Pasto kommen wir in das kleine Bergdorf Chachagui. Hier verbringen wir die nächsten vier Tage im schönen Hostal Kundur bei dem netten Spanier Carlos, der sich rührend um uns kümmert, und Werkstatt- und Zahnarzttermine für uns vereinbart.
Wir haben hier sogar unsere eigene Küche direkt neben unserem Auto:
Carlos ist ein super netter Typ, sein einziger Fehler ist, dass er Barca-Fan ist (klar, was sonst?) und wir beim “Public Viewing” in seinem Partyraum traurig mitansehen müssen, wie sein FC Barcelona unseren FC Bayern beim Champions League Halbfinale 3:0 schlägt:
Vom Hostal Kundur hat man nicht nur einen herrlichen Blick auf die umliegenden Vulkane, man kann auch eine schöne Wanderung in den nahe gelegenen Canyon unternehmen. Allerdings geht es hier so steil hinunter, dass einem fast schon schwindlig wird.
Für uns ein völlig ungewohnter Anblick: ein so steiler und tiefer Canyon – nicht wie sonst üblich, felsig, sondern grün in grün bewachsen. Das ist wohl der Vorteil der Regenzeit. Im Juni ist zwar das Wetter schöner, aber die grüne Landschaft verwandelt sich dann in vertrocknetes Braun. Aber auch Mountainbiker kommen hier auf ihre Kosten. Thomas verschwindet immer mal wieder für eine kleine Spritztour in die Berge.
Hier in Chachagui gibt’s für mich einen Beauty Tag (dringend nötig!). Meine Hoffnung auf “Germany’s next Top Model” muss ich ohnehin begraben, denn meine Beine sehen aufgrund der vielen kleinen Stechmücken, die uns seit Wochen begleiten, ganz entsetzlich aus.
Wir wundern uns mal wieder über die niedrigen Preise. Eine professionelle Zahnreinigung (in Deutschland 70 Euro) kostet hier nur 9 Euro, und der Friseurbesuch, für den ich in Deutschland ca. 90 Euro bezahle, kostet auch nur 9 Euro. Dabei arbeiten der Friseur und der Zahnarzt sehr genau, gründlich und ordentlich.
Der Salon ist vielleicht nicht ganz so gemütlich. Es gibt keine Tür, kein warmes Wasser zum Haarewaschen, ohrenbetäubende Bumbum-Musik von der Straße, und immer wieder wilde Hunde, die im Salon herumschnüffeln. Aber eine sehr nette und tolle Erfahrung. Auch für Thomas gibt’s einen Reparaturtag – allerdings nur beim Zahnarzt, da seine Krone nach 10 Tagen schon wieder herausgebrochen ist. Hoffentlich hält es diesmal länger!
In Chachagui fühlen wir uns schnell wie zu Hause. In einem so kleinen Ort kennt schnell jeder jeden, und an unserem Chipsbrater und -verkäufer kommen wir nie vorbei. Hier werden die frischen rohen Kartoffeln direkt ins heiße Fett gerieben und noch ganz warm gegessen – lecker, lecker!
In Pasto gibt’s dann einen Verwöhntag für den Bus – Ölwechsel, neue Dieselfilter etc. Einmal alles durchchecken. Mit den Angestellten haben wir mal wieder viel Spaß, sie freuen sich über unsere haarsträubenden Erklärungen der verschiedenen Autoteile auf Spanisch.
Während der Bulli auf Vordermann gebracht wird, schauen wir uns in Pasto um. Keine besonders schöne Stadt, aber hier kann man wirklich alles erledigen. Zum Beispiel schnell im Vorbeigehen seine Hose nähen lassen…
Das Foto vom wartenden Thomas in der Unterhose ersparen wir euch hier lieber. Die zwei jungen Näherinnen kichern erst mal fünf Minuten, bevor sie schnell und verschämt die kaputte Naht reparieren.
Pasto ist außerdem bekannt für seine vielen Kirchen. Von den angeblich 20 verschiedenen Kirchen sehen wir grade mal diese zwei:
Heute ist der 4. Mai, der erste Arbeitstag im Monat, und so sieht man vor wirklich jeder Bank eine lange Schlange von wartenden Kunden:
Es waren wunderschöne Tage bei Carlos, und wir fahren nur schweren Herzens weiter Richtung Ecuador, zu unserem nächsten Ziel, der Laguna de la Cocha, einem der größten und schönsten Seen Kolumbiens. Leider ist die Sicht gleich null und auf der Passhöhe in 3.000 m Höhe bei 10°C ist es auch recht ungemütlich. Wir begnügen uns deshalb mit einem Blick vom Mirador und fahren weiter nach Ipiales zur berühmten Kirche de las Lajas. Diese Kirche wurde auf einer Brücke über einer Schlucht errichtet:
Man kann hier nach Herzenslust herumwandern und Hunderte von Fotos aus allen möglichen Perspektiven machen.
Aber auch das Innere der Kirche ist sehr interessant. Einerseits die bunten Fenster, auf der anderen Seite die Original-Klippenwand hinter dem Altar.
Eigentlich wollen wir hier auf dem Parkplatz übernachten, aber es ist erst 15:00 h, und so beschließen wir, die letzten Kilometer bis zur Grenze noch hinter uns zu bringen. Mal wieder schaffen wir es, nicht ordentlich auszureisen. Als wir parken, befinden wir uns bereits in Ecuador und müssen mal wieder einen Kilometer zu Fuß zurück nach Kolumbien marschieren, um die Ausreiseformalitäten zu erledigen. Der Grenzübertritt nach Ecuador verläuft unglaublich unkompliziert und schnell. Wir können es gar nicht fassen, dass wir nach 40 Minuten, mit keiner einzigen Kopie und ohne etwas bezahlen zu müssen, schon in Ecuador sind!
Adiós Colombia! Nach genau einem Monat verlassen wir dieses wunder-, wunderschöne Land. Für uns ist es bis jetzt das schönste Land unserer Reise. Die unglaublich netten Menschen hier vertreiben sogar El Salvador von Rang eins. Wir haben uns in dieses Land verliebt. Der erste Eindruck von Ecuador ist jedoch auch sehr gut. Vor allem, was die Benzinpreise betrifft. Eine Gallone Diesel kostet hier unglaubliche 1,03 US$ (ja, hier in Ecuador bezahlt man wieder mit US$), das entspricht 0,25 Euro für den Liter! So viel, d.h. so wenig, haben wir zum letzten Mal in Saudiarabien bezahlt!
Wir sind so begeistert von den Spritpreisen und der Beschaffenheit der Panamericana, dass wir immer weiter fahren, bis wir bereits bei Dunkelheit in Ibarra auf der Finca “Sommerwind” ankommen. Über die tolle Finca, die extrem gastfreundlichen Besitzer Patricia und Hans, die vielen netten Leute, die wir hier kennenlernen, die wunderschönen Ausflüge und die netten Abende am Lagerfeuer berichten wir dann im nächsten Blog.
Unsere Strecke von Salento bis nach Ibarra (Ecuador) (902km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 66.452 km.
Blog erstellt am 11.05.2015 in der Finca “Sommerwind” in Ibarra, Ecuador.
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