Eigentlich dachten wir, nach acht Tagen Arches und Canyonlands National Parks reicht es uns erst mal von roten Felsen, aber kurzentschlossen machen wir doch noch einen Abstecher in den südlichen Teil des Canyonlands NP, “The Needles”. Auch hier gibt es Bögen, Türmchen, Brücken und andere bizarre Felsformationen, soweit das Auge reicht. Was uns hier aber besonders gefällt, ist die Ruhe, nur wenige Touristen verirren sich hier in den südlichen und abgeschiedenen Teil des Nationalparks.
Als am Abend die Sonne hinter den roten Felsen untergeht und nur noch das Zirpen der Grillen zu hören ist, haben wir das Gefühl, völlig alleine in diesem großen Park zu sein.
Ganz in der Nähe unseres Übernachtungsplatzes besuchen wir am nächsten Tag noch den Newspaper Rock, wo prähistorische Völker ihre Felszeichnungen hinterlassen haben:
Von hier aus nähern wir uns dem Glen Canyon, wo wir – nun zum letzten Mal – auf den Colorado River treffen werden. Auf dem Weg besuchen wir das Natural Bridges National Monument mit seinen drei riesigen, von Flüssen ausgewaschenen Sandsteinbrücken.
Die Fahrt dorthin erinnert an ein Road Movie – endlose Weite, am Horizont ein paar rote Felsen…
Bei Temperaturen um die 30 Grad freuen wir uns auf den Lake Powell. Endlich mal wieder ein erfrischendes Bad. Thomas wedelt bereits triumphierend mit seiner Badehose. Aber dann der Schock: wo ist der See? Außer einem schmalen Rinnsal, dem Colorado River, ist von Wasser oder gar See nichts zu sehen. Auf Grund der lang anhaltenden Trockenheit sind große Teile des Lake Powell einfach nicht mehr vorhanden (angeblich führt er derzeit nur 50% seines normalen Wasserstandes, der Lake Mead sogar nur 37%!)
Am linken Bildrand kann man gut die Bootsrampe erkennen. Von hier aus müsste man sein Boot noch weit tragen!!
Bei diesem Foto hat wohl der Kameramann zu tief ins Glas geschaut – woher kommt sonst der “doppelte Thomas”?
Enttäuscht über unser entgangenes Badevergnügen halten wir uns nicht länger hier auf und suchen uns einen Platz für die Nacht, den wir in einem engen, abgelegenen Canyon finden. Hier in dem engen Tal ist die Sonne längst untergegangen, aber wir machen uns noch schnell auf den Weg, um auf den roten Sandsteinbergen “hinter unserem Haus” die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen.
Auf der Weiterfahrt machen wir nur einen kurzen Stopp im Capitol Reef National Park – langsam sind wir wirklich gesättigt von roten Felsen. Wir schauen uns nur den Film im Visitor Center an.
Außerdem freuen wir uns jetzt auf den Bryce Canyon, ein absolutes Highlight von Utah.
Tausende rote, skurril geformte Felstürmchen (genannt “Hoodoos”) ragen im Bryce Canyon in den Himmel. Er ist wie ein Halbrund geformt und gleicht deshalb einem Amphitheater:
Leider ist das Wetter bei unserer Ankunft nicht so sonnig, und die Aussichten für die nächsten Tage sind auch nicht optimal.
Auch der 9. Oktober beginnt kalt und trüb. Als der Wettergott allerdings bemerkt, was heute für ein Tag ist, legt er schnell den Schalter auf “Claudia-hat-heute-Geburtstag-Wetter” um. Bei strahlendem Sonnenschein können wir herrliche Wanderungen unternehmen, oben den Rim Trail, direkt an der Abbruchkante des Canyons, sowie den Navajo Loop Trail und den Peek-A-Boo-Trail hinunter zum Canyon Grund. Hier nur ein paar Eindrücke – das Erlebnis ist kaum in Worte zu fassen:
Mit Myriaden von Touristen aus aller Welt (v.a. Asiaten) feiern wir meinen Geburtstag im Bryce Canyon, anschließend gibt’s ein leckeres “all-u-can-eat” Cowboy-Buffet im legendären Ruby’s Inn. Hoffentlich essen die echten Cowboys nicht so viel wie wir in an diesem Tag, das würde selbst der stärkste Pferderücken nicht aushalten! Ausklingen lassen wir den Tag dann beim tête-à-tête im Bulli:
An dieser Stelle auch nochmal vielen Dank für die vielen lieben Glückwünsche, die mich in so weiter Ferne erreicht haben!
Am nächsten Tag ist der Kopf etwas dicker als sonst, aber das Wetter nochmal genauso schön, und wir erwandern alle Wege, die wir am Tag zuvor nicht geschafft haben:
Über den Scenic Byway 12 geht’s weiter zu unserem nächsten Ziel, dem Grand Canyon. Der Scenic Byway 12 ist eine herrliche Straße, die sich über 200 Kilometer durch einsame Landschaften mit Schluchten, Tälern und Hochebenen windet und sich bis auf knapp 2.800 m hinaufschlängelt. Besonders schön ist der Abschnitt durch den Red Canyon:
Kurz vor der Grenze zu Arizona erreichen wir Kanab. Kanab ist nicht nur ein guter Versorgungsstopp, sondern ist auch bekannt für die vielen Western, die hier gedreht wurden. Daher erhielt dieser Ort den Beinamen “Little Hollywood”. Auch heute noch sind viele Kulissen der Filme, die in Kanab gedreht wurden, im Little Hollywood Movie Museum zu sehen. Das kleine Museum ist nicht nur ein für Filmfreunde interessanter Ort. Hier kann man sich auch nach Herzenslust zum Deppen machen! Wir biegen uns vor Lachen, als eine Horde wildgewordener Touristinnen, bewaffnet mit Indianerschmuck und Holzpferdchen, ihre dazugehörigen, noch lauter johlenden, Ehemänner in die Flucht schlägt:
Fast wie im richtigen Leben. Oder sind das die Dreharbeiten zur amerikanischen Version von “Szenen einer Ehe”?
Nur ein paar Kilometer weiter befinden wir uns an der Grenze von Arizona, von wo aus es in wüstenähnlicher Vegetation hinauf geht zum Grand Canyon North Rim. Nachdem wir den South Rim bereits kennen, entscheiden wir uns diesmal für den North Rim, der weitaus einsamer und rauer ist.
Wir kommen gerade rechtzeitig, denn an diesem Wochenende schließen alle Facilities für den Winter.
Bereits von der Lobby der Grand Canyon Lodge aus bekommt man einen Vorgeschmack auf das, was einen am Rim erwartet:
Direkt hinter der Lodge eröffnet sich einem am Bright Angels Trail ein atemberaubender Blick auf den Canyon:
Leider ist der Campingplatz im Nationalpark voll, und wir suchen uns außerhalb des Parks, auf dem Kaibab-Plateau, einen Platz für die Nacht. Hier sind wir am höchsten Punkt auf fast 2.800 m, außerdem erreicht uns eine Kaltfront. Die nächsten beiden Nächte werden deshalb ungemütlich kalt, und der Kühlschrank ist bei weitem der wärmste Ort im Auto.
Am nächsten Tag machen wir noch mehrere kleine Wanderungen, und immer wieder bieten sich uns unglaubliche und spektakuläre Blicke auf den Canyon.
Hier wollte ich unbedingt mal erleben, wie sich ein Basejumper kurz vor seinem Sprung in 1.800 m Tiefe fühlt:
Thomas pfeift mich leider zurück – ich glaube aber, ich suche mir sowieso ein anderes Hobby…
Leider ist der North Rim so hoch, dass man von hier aus die Wanderung auf dem Kaibab-Trail hinter zum Canyon kaum unter zwei Tagen schafft. Die 1.800 Höhenmeter und 28 Meilen hin und zurück sollte man erst gar nicht versuchen, an einem Tag zu schaffen. Wobei der Rekord bei 3 1/2 Stunden (STUNDEN!!) für 21 Meilen vom Nord- zum Süd-Rim liegt (Winni, warst du das??)
Wir gehen also nur ein Stück auf dem North Kaibab Trail hinab und wundern uns, was man auf so einem Wanderweg doch alles regeln und verbieten kann:
Wie gut geht’s uns doch in den bayrischen Bergen!!
Unsere Entscheidung, den North Rim zu besuchen, bereuen wir keine Sekunde. Die Blicke in den Canyon sind genauso atemberaubend, und wir genießen das Ausbleiben der Touristenmassen (nur 10-15% der Grand Canyon Besucher kommen zum North Rim).
Eine Reise durch Süd-Utah ist eine Reise durch eine Märchenlandschaft. Ein herrlicher Nationalpark jagt den nächsten, und uns fehlt nur noch der Zion National Park.
Schon am Osteingang erwarten den Besucher die schroffen Felswände, die das paradiesische Flusstal des Virgin River umfassen:
Bereits bei unserer Schnupperfahrt quer durch den Park zum Visitorcenter sehen wir Unmengen von Besuchern, alle Parkplätze sind hoffnungslos belegt, nicht einmal ein schnelles Foto kann man machen. Bei den beiden Campgrounds ist an einen freien Platz nicht mal zu denken, und wir finden zum Glück außerhalb des Parks im National Forest an der Kolob Terrace Road einen Stellplatz, auf dem es uns so gut gefällt, dass wir letztendlich eine ganze Woche dort verbringen und frühmorgens dann zum Nationalpark “pendeln”.
Gleich am ersten Tag nehmen wir uns ein ganz besonderes Schmankerl des Parks vor, den Angels Landing.
Über 21 steile Serpentinen, “Walter’s Wiggles”, geht’s hinauf zum Scout Outlook.
Ein Großteil der Wanderer bleibt hier beim Outlook, die Wagemutigen, die noch weiter auf den Gipfel wollen, müssen einen mit Ketten versicherten Grat überwinden, der auf beiden Seiten mehrere 100 m abfällt.
Wir wollen natürlich wissen, ob wir noch genauso fit und mutig sind wie bei unserer Erstbesteigung vor genau 20 Jahren auf unserer Hochzeitsreise. Und der Aufstieg lohnt sich. Man hat immer wieder spektakuläre, wenn auch haarsträubende Blicke in das Tal. Nichts für schwache Nerven!
Oben angekommen, ist man erst mal froh, dass man es geschafft hat!
Aber am besten nicht bewegen, links und rechts geht’s senkrecht hinunter:
So richtig genießen kann man das Gipfelglück nicht, zu voll sind die Hosen vor dem Abstieg. “Einfach nicht runterschauen” geht hier nicht, bei jedem Tritt sieht man unter seinem Bergstiefel die Shuttlebusse, die sich wie kleine Ameisen direkt senkrecht unter einem – 500 Meter tiefer – durch das Tal schlängeln.
Wir kommen zum Glück heil unten an und haben die Tour sehr genossen.
Von Mai bis Oktober ist der Park so überfüllt, dass man mit dem eigenen Auto nicht in den Canyon fahren darf. Kostenlose Shuttlebusse fahren alle paar Minuten durch den Canyon und man kann ein- und aussteigen, wo und wie oft man will. Eine tolle und bequeme Sache!
Am nächsten Tag machen wir uns auf zum Observation Point, der längsten und höchsten Tour im Park. Man wandert hinauf durch verschiedene Vegetationszonen. Die ersten 400 Höhenmeter auf steilen Serpentinen, bevor man spektakuläre Canyons durchquert:
Oben am Observation Point dann wieder ein 360 Grad Rundumblick über den gesamten Zion Canyon, allerdings mal wieder nichts für Leute mit Höhenangst.
Zur Erholung unserer müden Knochen – und weil der Bulli auch mal gepflegt werden muss – fahren wir für einen Tag ins 50 Kilometer entfernte St. George. Hier bekommt der Bulli bei VW Findlay einen Ölwechsel, ein paar neue Filter und Thomas einen Schrauber-Kurs. Nach 2 1/2 Stunden ist der Service abgeschlossen und Thomas gut vorbereitet für die Weiterreise nach Mexiko. Erstaunlich ist, dass der Bulli nach 2 1/2 Jahren und 70.000 km, die er jetzt auf dem Tacho hat, noch immer in einem Top Zustand ist. Selbst die Bremsen sind noch gut für die Weiterreise nach Südamerika.
Leider sind – nach nur 5 Monaten und 23.000 km – die Reifen bereits abgefahren, und wir müssen nach so kurzer Zeit schon wieder neue Reifen kaufen – zu viele Meilen auf zu schlechten Offroad-Strecken! Nach einigem Jammern hat der Reifenhändler zumindest ein schlechtes Gewissen und gibt uns auf die neuen Reifen 50% Nachlass. So schnell hat wohl noch keiner seine Reifen total runtergefahren.
Nach diesem Erledigungstag fahren wir zurück zum Zion National Park und machen vom Lava Point Campground aus noch ein paar weitere schöne Bergtouren. Höhenmeter “auf Vorrat” - dies wird für die nächste Zeit wohl das letzte Bergerlebnis sein, bevor wir weiterfahren nach Las Vegas, San Diego und dann eben das große Abenteuer MEXIKO!
Unsere Strecke Moab nach St. George (1.809 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 49.696 km.
Blog erstellt am 19.10.2014 im Zion National Park auf dem Lava Point Campingplatz, Utah (USA).
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