Freitag, 29. April 2016

83: Atlantiküberquerung 4: Tilbury–Antwerpen–Hamburg (19.-26.04.2016)


Dienstag, 19.04. (Tag 36) – Tilbury

Kurz nach Mitternacht weckt uns der tuckernde Motor. Der Pilot kommt pünktlich um 00:30 h an und geleitet uns durch die Themse bis zu unserem Hafenplatz in Tilbury. Hier wird den ganzen Tag ent- und beladen.

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Erst um 17:00 h dürfen wir das Schiff verlassen. Die ersten Schritte auf europäischem Boden! Tilbury liegt nur 40 Kilometer von London entfernt, und wir hoffen, morgen mit dem Zug nach London fahren zu können. Sollte das nicht klappen, haben wir bereits einen Plan B: Gravesend, das direkt gegenüber von Tilbury am anderen Themseufer liegt:

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Aber zunächst feiern wir unsere Rückkehr nach Europa in einem echten englischen Pub mit dem vielversprechenden Namen “Land’s End”. Als wir abends zurück zu unserem Schiff wollen, ist das Gate gesperrt. “Only one mile ahead” sei der Haupteingang. Na ja, wir wollen ja sowieso noch laufen, aber die “eine Meile” zieht sich dann doch über mehrere Kilometer hin. Endlich am Haupteingang angekommen, erfahren wir, dass wir den Hafen zu Fuß nicht betreten dürfen. Schließlich landen wir auf der Polizeistation. Das fängt ja gut an! Außer unseren Pässen haben wir keinerlei Papier in der Hand und haben Mühe zu beweisen, dass wir tatsächlich Passagiere der Grande Angola sind. Aber schließlich hat man Mitleid mit uns, und ein schönes Polizeiauto mit einer noch schöneren Polizistin fährt uns durch den ganzen Hafen direkt bis vor die Haus- äh, Schiffstür:

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Mittwoch, 20.04. (Tag 37) – Tilbury

Gut, dass wir bereits einen Plan B gemacht haben. Für London reicht die Zeit leider nicht. Wir müssen bereits um 13:00 h wieder an Bord sein. Wir fahren also mit der Fähre über die Themse von Tilbury nach Gravesend – von Essex nach Kent. Denn diese beiden Grafschaften werden nur durch die Themse voneinander getrennt. Gegen den eiskalten Wind schützen uns lange Unterhosen und mehrere Lagen Flies und Goretex. Die Engländer dagegen sind viel härter. Wir sehen jede Menge kurze Hosen, Sommerhemden und Flipflops.

Gravesend gefällt uns ausgesprochen gut. Ein richtig englischer Ort mit wunderschönen Häusern. Hier nur ein paar Eindrücke:

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VERY BRITISH!!

Der kleine Ausflug nach England gefällt uns richtig gut, und nur schweren Herzens geht’s wieder zurück in die Heimat, zur Grande Angola, wo uns wieder mal ein Abschied erwartet: James verlässt uns hier leider, für ihn ist die Reise hier zu Ende, denn er ist in London zu Hause. Wir hatten so viel Spaß zusammen und werden ihn vermissen.

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Da waren’s nur noch fünf…

Nachmittags um 15:00 h heißt es mal wieder “Leinen los”, und mit voller Fahrt geht es auf der Themse entlang Richtung Englischer Kanal, denn laut Plan sollten wir morgen früh in Antwerpen ankommen. Noch einmal – zum letzten Mal – werden die Uhren um eine Stunde vorgestellt. Jetzt sind wir zeitgleich mit Deutschland.

Donnerstag, 21.04. (Tag 38) – Antwerpen

Bereits am frühen Morgen sind wir in die Schelde eingelaufen und sehen die ersten Häuser bzw. das Atomkraftwerk von Antwerpen.

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Ja, wir sind in Belgien, wie uns die Flagge am Flaggenmast bestätigt:

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Mit großem Interesse verfolgen wir die Einfahrt in die Schleuse.

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Der Hafen von Antwerpen ist unglaublich groß, der viertgrößte Hafen der Welt! Kein Wunder, dass man hier Tausende von Autos sieht, neu und gebraucht, die aus der ganzen Welt kommen bzw. auf ihre große Reise nach Afrika und Amerika warten.

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Pünktlich um 11.00 h legen wir bei schönem Wetter, aber eiskaltem Wind, an. Aus den inzwischen sehr stark geschrumpften Vorräten zaubert uns Koch Niculae unser letztes Mittagessen mit Dirk, Anna und Geert, bevor uns die drei auch noch verlassen. So schade! Jetzt sind wir ganz alleine, eine große Umstellung, denn wir hatten eine wunderschöne und lustige Zeit zusammen. Wir dürfen von Bord und machen einen ausgedehnten Spaziergang in der Umgebung des Hafens. Antwerpen liegt leider weit entfernt, es gibt keine direkte Busverbindung, und eine Taxifahrt kostet an die 50 Euro. Wir begnügen uns mit einer Wanderung über den “Drijdijck” zum nächsten Ort, nach Verrebroek, und kämpfen mit dem Wind und der Sprache, die hier gesprochen wird. Spanisch war einfacher!

Freitag, 22.04. (Tag 39) – Antwerpen

Das Schiff bleibt den ganzen Tag im Hafen und wir haben Ausgang bis 20:00 h. Einem Besuch von Antwerpen steht also nichts im Wege! Diesmal werden wir vom Sicherheitsdienst direkt am Schiff abgeholt und durch den Hafen gefahren. Denn gestern waren wir (wieder mal) illegal zu Fuß im Hafenbereich unterwegs! Mann, diese Regeln, seit wir in Europa sind! In Südamerika und Afrika hat sich keiner darum gekümmert, wer wo wie lange durch den Hafen spaziert! Obwohl uns jeder bestätigt, dass man nur, und wirklich nur, mit dem Taxi nach Antwerpen kommt, hat Thomas über Nacht eine andere, weitaus billigere, Lösung ausgetüftelt: wir marschieren die 2,5 Kilometer bis Verrebroek und von dort fahren wir in einer Stunde per Bus bzw. Trambahn direkt ins Zentrum von Antwerpen, dem Groenplaats mit seiner beeindruckenden Kathedrale:

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Von hier aus machen wir einen ausgedehnten Stadtbummel, zuerst zum Grote Markt mit seinen schönen Gebäuden:

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Dann an der Schelde entlang zum alten Hafen und zum Hauptbahnhof, dem angeblich schönsten Bahnhof Europas:

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“Neuhaus” – “Godiva” – “Leonidas”. Diese Namen klingen wie Musik in unseren (vor allem meinen) Ohren. Diese berühmten und ganz einfach fantastischen Pralinen sind hier in Belgien zu Hause, und natürlich klappern wir die verschiedenen Schokoladenläden in Antwerpen’s Zentrum ab. Bei den Preisen vergeht uns allerdings schnell der Appetit auf Schokolade!

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Nach fünf Stunden Stadtbummel treten wir unsere Heimreise wieder per Trambahn, Bus und Fußmarsch an. Wir sind erstaunt, wie schnell man sich an “zu Hause in Europa” gewöhnt. Wir sehen unsere alten Freunde Lidl, Aldi &Co., bezahlen nach drei Jahren zum ersten Mal wieder mit Euro. Hat sich denn in den knapp drei Jahren nichts verändert? Wir tauchen so schnell in das Altgewohnte ein, dass Südamerika und unsere Schiffsreise in ganz weite Ferne rücken… Aber noch haben wir ja drei Tage auf dem Schiff, denn heute ist Freitag und erst Montagnacht werden wir in Hamburg ankommen.

Samstag, 23.04. (Tag 40) – Antwerpen

Eigentlich sollten wir gestern Abend um 22:00 h auslaufen. Aber der Plan wurde geändert. Denn wir können erst am Montagnacht in Hamburg einlaufen und müssen irgendwie und irgendwo die viel zu großzügig geplante Zeit totschlagen. Wir bleiben also heute noch in Antwerpen, müssen nur 100 Meter entfernt anlegen, denn unser ursprünglicher Liegeplatz wird von einem anderen Grimaldischiff, der Grande Benin, benötigt.

Seit gestern ist unser Schiff kaum wiederzuerkennen. Vor allem unser Laufparcours auf dem Deck: bis auf den letzten Zentimeter mit Autos vollgestellt:

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An unser 16:00 h – Powerwalking ist natürlich nicht mehr zu denken, aber ohne unsere Laufpartner Dirk und James haben wir sowieso keine Lust mehr darauf! Und schlimmer noch: Kapitän Gennaro erteilt uns “Deckverbot”! Aus Sicherheitsgründen dürfen wir das Deck ab jetzt nicht mehr betreten und werden in unsere fensterlose Höhle verbannt. Hier harren wir den ganzen Tag aus und schmollen über diese uns auferlegte Freiheitsberaubung. Wir kommen heute nur zum Essen in die Offiziersmesse. Die gute Nachricht: wir haben frische Vorräte bekommen mit viel Salat, Obst und Gemüse! Die schlechte Nachricht: wir haben auch einen neuen Koch bekommen. Einen Italiener, der allerdings wohl mehr Ahnung hat von amore und ragazze als vom Kochen…

Sonntag, 24.04. (Tag 41) – Endspurt nach Hamburg

Um Punkt 08:00 h brummen die Motoren und wir starten zu der allerletzten Etappe unserer langen Reise: von Antwerpen nach Hamburg. Das Wetter ist jetzt richtig ungemütlich geworden mit Temperaturen um die 0°C. Einige Stunden vergehen, bis wir zuerst durch die Schleuse, danach auf der Schelde das offene Meer erreichen. Da der Kapitän erkannt hat, dass ein solches Manöver nicht ohne unsere Überwachung funktioniert, dürfen wir heute – nein, auf’s Deck, das geht nun wirklich nicht! Impossibile!! – auf die Brücke kommen und von dort aus alles beobachten. Mit Tränen in den Augen verfolgt Thomas die Spuren seiner Kindheit, Orte, an denen er in seinen frühen Tagen als Segler unterwegs war. Wie Vlissingen, wo die Schelde ins offene Meer mündet:

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Montag, 25.04. (Tag 42) – Endspurt nach Hamburg

Unser letzter Tag beginnt mit einem Kaltstart: es hat geschneit, und unser Sonnendeck liegt unter einen dünner Schneedecke:

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Das ist ja eine schöne Begrüßung in Deutschland! Denn dass wir wieder zu Hause in Good Old Germany sind, zeigt uns die Fahne, die seit heute Nacht am Fahnenmast flattert:

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Kapitän Gennaro will sich zum Schluss noch einmal von seiner besten Seite zeigen und erlaubt uns, den ganzen Tag bei ihm auf der Brücke zu verbringen. Das gefällt uns natürlich, und von hier oben verfolgen wir die Sehenswürdigkeiten, die links und rechts der Elbe liegen. Wie hier die Kugelbake in Cuxhaven:

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Das Wetter ist wirklich schlecht, immer wieder gibt es Regen- und Schneeschauer, aber trotzdem genießen wir jeden Moment. Besonders emotional  wird es, als wir an der Schiffsbegrüßungsanlage Willkomm-Höft vorbeikommen. Aus den Lautsprechern ertönt die italienische Nationalhymne zu Ehren unseres italienischen Grimaldi-Schiffs.

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Als besonderes Zuckerl kommt uns auch noch die AIDAprima entgegen, das nagelneue Flaggschiff von AIDA Cruises, das im Rahmen einer viertägigen Kurzreise erstmals auf dem Weg ins britische Southampton ist.

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Sehr beeindruckend, dieses Riesenschiff aus nächster Nähe zu sehen. Hier gibt es wirklich jeden Schnickschnack: einen Beach Club unter einer Folie (auch für schlechtes Wetter), Wasserrutschen, Klettergarten, Infinity Pools, Panoramakabinen, einen 3.100 m² großen Wellnessbereich Organic Body & Soul Spa, gläserne Fahrstühle, einen Skywalk – und dies sind nur einige der ausgefallenen Gimmicks.

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Trotz allem fühlen wir uns auf unserem Frachter sehr viel wohler, denn Skywalk hin oder her, es ist einfach fantastisch, wenn man mit nur maximal sechs weiteren Passagieren auf Deck steht und Fotos schießt. Viel besser, als sich mit 3.300 Passagieren (so viele passen auf die neue AIDA) um die beste Sicht zu schlagen.

Es ist schon dunkel, als wir uns dem Ziel nähern. Immer noch auf der Brücke sehen wir jetzt schon die markanten Gebäude um den Hamburger Hafen.

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Spätestens jetzt, beim Erblicken der noch immer nicht fertig gestellten Elbphilharmonie, ist das Ende unserer Reise gekommen. Direkt gegenüber diesem Prachtbau legen wir zum letzten Mal an und verbringen unsere letzte Nacht in unserer kleinen Kabine.

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Dienstag, 26.04. (Tag 43) – Hamburg

Bereits um 08:00 h morgens kommt der Zoll an Bord und nimmt unser Auto unter die Lupe. Trotz genauer Untersuchung ist nichts zu finden, und der Drogenhund, der sich mit ölverschmierten Pfoten (grrrrrrr…) durch unser Auto schnüffelt, interessiert sich lediglich für unsere kleine Büromaterialkiste.

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Der Sekundenkleber hat’s ihm angetan – riecht scheinbar lecker nach frisch geschmuggelten Drogen? Schon wenig später, um 08:45 h, fahren wir vom Schiff, und in gewohnter “es-ist-ja-alles-so-unkompliziert-in-Südamerika”-Manier steuern wir sofort die Ausfahrt aus dem Hafen an. Da haben wir aber nicht mit der deutschen Bürokratie gerechnet. Wir werden gleich zurück gepfiffen, denn jetzt geht’s nochmal zum Zoll. Davon gibt’s nämlich mehrere! Und so endet unsere Reise genau dort, wo wir vor ziemlich genau 1.000 Tagen auch gewartet haben: im Wartehaus am O’swaldkai im Hamburger Hafen!

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Und an alle Nachfahrer: wenn es irgendwie geht, dann steigt in Antwerpen aus, denn bis dort hat sich wohl noch nicht herum gesprochen, was ein Zoll ist. Man zeigt seinen Pass, und ab geht die Fahrt. So war es zumindest bei anderen Reisenden.

Vor lauter Zollformalitäten kommen wir gar nicht mehr dazu, ein Tränchen für die Grande Angola zu vergießen. Es war wunderschön, wir haben jeden der 43 Tage an Bord genossen und haben unsere Entscheidung, mit dem Schiff zu fahren, keine Sekunde bereut. Ein einmaliges Erlebnis, tolle Erfahrungen mit wunderbaren Mitreisenden und einer wirklich fantastischen Crew. Mille Grazie!!

Jetzt versuchen wir, uns in Deutschland wieder zurecht zu finden, was dank der diversen “Integrationsprogramme für Ausländer” nicht schwer sein dürfte. Und wie es uns dabei ergangen ist, sowie ein kleines Resümee unserer Reise, erfahrt ihr irgendwann demnächst in unserem abschließenden Blogeintrag.

Falls jemand Fragen zum Auto, zur Reiseroute, zur Organisation etc. hat: schickt uns einfach eine Mail an info@clathe.de. Eventuell machen wir noch eine Zusammenfassung der organisatorischen Themen, Erfahrungen etc. zu den einzelnen Ländern in unserem Blog.

Aber jetzt geht’s zuerst mal an die Re-Integration!

 

Unsere Strecke von Tilbury nach Hamburg: 646nm/1.196km/13Tage – Gesamtstrecke per Schiff bis jetzt: 7.752nm/14.356km/43 Tage.

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1 Kommentar:

Thomas Kober hat gesagt…

Hallo und Willkommen zurück!
Danke für eure Berichte, ich habe von Anfang mit grossem Interesse mitgelesen.
Mich würde interessieren wie sich der Bus bewährt hat und was ihr das nächste mal anders machen würdet/konfigurieren würdet.
So danke nochmal das man dabei sein durfte und viel Erfolg bei der "Wieder-Eingliederung" ;)
Gruss Thomas