Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, nicht immer so viel über’s Wetter zu schreiben, aber wir haben nun mal einen Jahrhundertwinter erwischt, und auch hier wird über nichts anderes gesprochen…
Den Eisregen in Louisiana haben wir jedenfalls gut überstanden. Am nächsten Tag scheint die Sonne, und überall knackt das Eis und es tropft von den Bäumen. Herrliche Eiskunstwerke sind entstanden. Sogar von unserer Campingplatz-Nummer gibt es einen Eisabdruck.
Irgendwann fällt auch der Eispanzer vom Auto ab und wir können das Dach einfahren und uns auf den Weg machen.
Weit kommen wir allerdings nicht, denn im Park findet das alljährliche “Cracklin’ Cooking” – Fest statt, zu dem sich die ganze Umgebung versammelt. Wir werden gleich mit offenen Armen empfangen, man erklärt uns genau, was man macht, und lässt uns von all’ den Köstlichkeiten probieren. Cracklings sind übrigens in Fett ausgebratene Schweineschwarten, und die frischen, noch heißen Krusten schmecken einfach himmlisch. Auch hier ist Kochen übrigens Männersache… die Frauen unterhalten sich und die Männer kochen (wie bei uns)…
So wie wir uns für die Kochevents interessieren, so interessieren die Leute sich für unser großes Vorhaben. Viele sind kaum aus ihren kleinen Orten herausgekommen und finden unsere Reise unvorstellbar. Aber das Haupt-Gesprächsthema ist und bleibt der 24-Stunden-Eisregen (der erste übrigens seit 25 Jahren). Wir verbringen ein paar nette Stunden, man will uns auch noch für den Abend einladen, aber wir wollen und müssen ja auch mal weiter (bevor die nächste Kaltfront kommt).
Auf unserer Weiterfahrt nach Texas kommt man immer wieder durch Orte, in denen die Zeit stehen geblieben ist und das moderne Leben noch keinen Einzug gehalten hat. Hier bei Lloyd gibt es nichts, was es nicht gibt…
Noch einmal genießen wir eine Übernachtung in einem State Park in Louisiana. Uns haben diese Plätze sehr gut gefallen. Sie sind sehr gepflegt, günstig, und man kann sogar kostenlos seine Wäsche waschen und trocknen.
Weiter geht’s in den nächsten Bundesstaat, Texas, den man auch den Lone Star State nennt, da es ab 1836 eine eigene Republik war, bevor es 1845 den Vereinigten Staaten beigetreten ist.
Auch Texas begrüßt uns wieder mit einem tollen Welcome Center, das sogar seinen eigenen Nature Trail direkt hinter dem Haus hat. Hier kann man schon mal die ersten Schritte durch die texanischen Swamps gehen.
Schon gleich am ersten Tag stellen wir fest, wie vielfältig Texas ist: nach dem Swamps riesige Weiden mit Kühen…
… dazwischen immer wieder Ölquellen und riesige Raffinerien…
Jetzt wollen wir endlich in die Wärme – unsere Reiseroute führt deshalb immer wenn möglich an der Küste des Golfs von Mexiko entlang.
Unser erster Stopp in Texas ist Galveston. Im Galveston Island State Park finden wir einen herrlichen Campingplatz, ganz für uns alleine. Galveston Island wurde 2008 von Hurrikan Ike komplett verwüstet, leider auch der Campingplatz. Die Aufbauarbeiten dauern bis heute an, was zur Folge hat, dass wir in den Genuss eines gerade fertig gestellten neuen Badehauses kommen. Hier ist es wie im 5 Sterne Hotel.
Der erste Tag empfängt uns mit herrlichstem Sonnenschein. Ranger Chad nimmt sich viel Zeit für uns und erklärt uns ausführlich bei einem Strandspaziergang die Geschichte der Insel sowie Flora und Fauna. Obwohl wir schon so viele Strandwanderungen gemacht haben, wissen wir erst jetzt, was wir schon so alles totgetreten haben.
Thanks a lot, Chad, for the very interesting and nice morning!
Hier erfahren wir auch, dass Hurrikan Ike den Strand um 50 Meter zurück versetzt und die 2-3 Meter hohen Dünen komplett niedergewalzt hat. Alle Neubauten müssen seit Ike mindestens 7 Meter über dem Meeresspiegel errichtet werden. Das erklärt auch, warum alle Häuser auf extrem hohen Stelzen gebaut sind.
Bei diesem Haus haben allerdings auch die Stelzen leider nichts geholfen:
Und hier hat sich einer gedacht “allzeit bereit” – stabil und schwimmfähig für den Notfall:
Leider war der schöne Tag nur ein kurzes Intermezzo und für den nächsten Tag ist bereits wieder Eisregen angekündigt! Man erklärt uns, dass hier niemand auf dieses kalte Wetter eingestellt ist, und somit kündigen Schulen und Geschäfte bereits am Vorabend an, dass sie am nächsten Tag geschlossen bleiben werden:
Auch Thomas’ Zahnarzttermin wird nur unter Vorbehalt bestätigt. Zum Glück kommt der Eisregen aber erst, als die Krone wieder eingesetzt ist!! Nochmal Glück gehabt!! Auch diesen Eisregen überstehen wir und fahren nach drei Tagen in Galveston an der Küste weiter Richtung Corpus Christi.
Gleich von Anfang an mögen wir die Texaner sehr gerne. Sie sind offen, locker, sehr freundlich und nehmen die Dinge nicht so ernst. So drücken sie auch mal ein Auge zu, wenn jemand am Strand übernachten will, was wir natürlich gerne ab und zu mal machen:
So eine Nacht am Strand ist ein Erlebnis, allerdings ist man am nächsten Morgen dann gut gepökelt… und auch das Auto hat sich eine Süßwasser-Dusche verdient!!
Hier am Strand sind wir meistens alleine und freuen uns über jede Gesellschaft:
In Corpus Christi nehmen wir dann Abschied von der der Küste und vom Atlantik, der uns die letzten Monate immer begleitet hat. Von hier geht’s ins Landesinnere, das uns mit 30 Grad und einem super Sonnenuntergang im Choke Canyon empfängt:
Wir sind entsetzt, wie wenig Wasser der Stausee führt und erfahren, dass bereits seit 4 Jahren extreme Dürre herrscht und der Wasserstand 7,5 Meter unter Normalstand ist. Deshalb darf man auch Wasser nur noch zum Trinken verwenden, und nicht zum Autowaschen, Felder bewässern etc.
Entsetzt sind wir auch, wie die Temperatur von 30 Grad am Samstag auf 0 Grad am Sonntag fallen kann!! Die Besichtigung von San Antonio ist deshalb eine frostige Angelegenheit. Der berühmte River Walk ist wie ausgestorben, und es fahren auch keine Boote auf dem kleinen Kanal. Normalerweise herrscht hier buntes Treiben mit vielen Kneipen und Geschäften. Bei uns herrscht eher graue Novemberstimmung.
Interessant ist die Führung durch das Alamo, die “Misión San Antonio de Valero”, eine zum Fort ausgebaute ehemalige Missionsstation, die beim Freiheitskampf der Texaner gegen die Mexikaner 1836 eine wichtige Rolle spielte. Hierbei handelt es sich um den bekanntesten und meistbesuchten historischen Ort in Texas.
Im Texanischen “Hill Country” westlich von San Antonio sehen wir dann auch die ersten Berge seit den Appalachen im November. Da auch noch die Sonne scheint, hält uns nichts mehr im Auto und wir machen unsere erste Bergwanderung im “Lost Maples State Park”:
Ab jetzt sieht Texas so aus, wie wir uns das vorstellen: riesige Ranches mit großen Eingangstoren, weite Steppenlandschaften mit Kakteen und immer wieder vereinzelte Kühe und Pferde.
Auch hier lassen die Texaner ihrem Humor freien Lauf, und der “Friedhof” für ihre verrosteten Arbeitsgeräte heißt nicht “Rest in Peace”, sondern “Rust n Peace”…
Unser nächstes Ziel ist der Big Bend National Park am Rio Grande im Westen von Texas, einer der am wenigstens besuchten Nationalparks der USA. Man nennt ihn auch das “hidden secret”, ein gut gehütetes Geheimnis. Um dorthin zu kommen, verbringen wir viele Stunden im Auto. Das Land wird immer trockener und wüstenähnlicher, und auch die Besiedlung nimmt rapide ab. In Del Rio treffen wir zum ersten Mal auf den Rio Grande, den Grenzfluss zwischen Texas/USA und Mexiko. Wir sind sehr beeindruckt, dass man über den Fluss schaut und auf der anderen Seite schon Mexiko sieht. Hier in Del Rio (320 km vor dem Nationalpark) decken wir uns mit Vorräten ein, da die Infrastruktur im Big Bend nur sehr dürftig sein soll. Die einzige Abwechslung auf unserer Fahrt ist der Amistad Stausee und die Überquerung des Pecos River, eines der 3 Zuflüsse zum Rio Grande:
Hier begegnen wir zum ersten Mal der Weite des amerikanischen Westens. Auf den nächsten 200 Kilometern begegnen wir nur hin und wieder einzelnen Häusern, kaum Autos, nicht mal Kühe oder Pferde sind zu sehen. Einfach nur eingezäuntes NICHTS…
Zwischen den beiden Fotos liegen 150 Kilometer und die letzte Tankstelle vor dem Nationalpark, bei der die Spritpreise gleich 30% höher sind als normal. Dies ist übrigens der einzige Tag bisher, an dem die Temperatur auch tagsüber nicht über Minus 3 Grad gestiegen ist.
Wir sind froh, als wir endlich am Big Bend Nationalpark ankommen.
Die leicht mit Schnee überzuckerten Berge sind ein toller Anblick, und bei unserem Eintreffen werden wir sogar von der Sonne begrüßt. Vom Parkeingang bis zu unserem Campingplatz “Rio Grande Village” direkt am Rio Grande mit Blick auf Mexiko sind es noch ca. 60 Kilometer. Dieser letzte Streckenabschnitt durch herrliche Wüstenlandschaft mit Kakteen und den sonnenbeschienenen Bergen im Hintergrund ist phantastisch und erweckt unsere Vorfreude auf die nächsten Tage hier im Park. Es gibt hier unzählige Bergtouren zwischen 500 und 2.500 Metern.
Obwohl hier eigentlich Hochsaison ist (Februar bis April, danach wird es zu heiß), ist der Campingplatz erfreulich ruhig und leer.
Unsere Strecke vom Palmetto Island State Park zum Big Bend National Park (2.218 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 21.239 km.
Blog erstellt am 08.02.2014 im Rio Grande Village im Big Bend National Park in Texas.
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