Freitag, 28. August 2015

62: Peru: Titicacasee bis zur Grenze nach Chile (10.-23.08.2015)


Am 10. August brechen wir unsere Zelte in Arequipa ab und machen uns auf den Weg zum Titicacasee. Gleich hinter Arequipa geht es steil hinauf, bis wir uns genau auf der anderen Seite der Vulkane befinden, die wir die ganze Woche schon von Arequipa aus bewundert haben: Chachani – Misti – Pichu Pichu.

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Wer das Schild am Aussichtspunkt genau anschaut, der stellt fest, dass der “Aufsteller” wohl zu tief ins Pisco-Glas geschaut hat. Pichu Pichu und Chachani sind offensichtlich vertauscht, das Schild war wohl für Arequipa gedacht. Aber egal, der Blick ist gigantisch und nach den obligatorischen Fotos geht’s weiter, immer höher hinauf Richtung Titicacasee.

Schon bald sieht man links und rechts der Straße größere Herden von Vikunjas. Straßenschilder ermahnen uns immer wieder, vorsichtig zu fahren.

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Vorsichtig fahren muss man aber auch wegen der Touristenbusse, die plötzlich und ohne Vorankündigung in die Eisen treten, wenn es eine Vikunja-Herde zu fotografieren gibt. Wir fühlen uns an Kanada und Alaska erinnert, wenn es wegen fotografierwütiger Touristen, die einen Bären oder einen Elch erspähen, zu regelrechten Verkehrsstaus kommt.

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Aber auch wir genießen die friedlich grasenden Vikunjas, wie hier auf 4.500 m vor dem Hintergrund des Vulkans Misti:

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Der wild lebende und kleinste Vertreter der Kamelfamilie kommt in Höhen bis zu 5.500 m vor und produziert die wohl feinste Wolle des gesamten Tierreichs. Kleidung aus Vikunjawolle zu tragen war ein Privileg des Inka-Adels.

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Über mehrere Stunden bewegen wir uns auf Höhen um die 4.000 m und genießen eine herrliche Fahrt in absolut einsamer Landschaft. Umso schockierter sind wir, als wir uns der ersten größeren Stadt, Juliaca, nähern. “Es ist ein dreister, unfertiger Schandfleck in einer ansonsten wunderschönen, himmelweiten Landschaft”. So unser Reiseführer wörtlich. Und dies ist nicht übertrieben. Ganz im Gegenteil, wir sind uns einig, dass diese Stadt das Prädikat “hässlichste Stadt unserer Reise” verdient.

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Schlagloch an Schlagloch, keinerlei Beschilderung. Mehrfach landen wir in Sackgassen oder auf lebhaften Märkten. Als wir schließlich nicht mehr weiter wissen, fragen wir eine motorisierte Polizeistreife nach dem Weg. Netterweise fahren uns die beiden auf ihrem Motorrad voraus. Dies geht eine Weile gut, aber auch die beiden sind irgendwann im Chaos verschwunden. Wir sind erleichtert, als wir endlich aus dem Gewühl herausfinden und nach einer weiteren Stunde am Titicacasee ankommen. Von Puno bietet sich ein wunderschöner Blick über den Nordteil des Sees:

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Der Titicacasee liegt auf 3.808 m und ist der höchste beschiffbare See der Welt und über 15-mal größer als der Bodensee. Wenn auch sonst nicht viel aus dem Erdkundeunterricht hängen geblieben ist, an den Titicacasee erinnert sich jeder. Schon alleine wegen des lustigen Namens. “Titi” und “Caca” bedeutet übrigens “Puma” und “Hase”. Und dreht man die Landkarte mal um, dann sieht man tatsächlich, dass ein Teil des Sees aussieht wie ein Hase, der andere wie ein Puma.

Nach sechs Stunden Fahrt verschieben wir die Besichtigung von Puno und fahren zuerst zu unserem Hostal “Casa Blanca”, das 11 km von Puno entfernt liegt.

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Hier gefällt es uns auf Anhieb sehr gut. Die Besitzer Gregoriana und Mario sind unglaublich nett, laden uns zum Frühstück ein und tun wirklich alles, damit wir uns wohl fühlen. Ja, das Wohlfühlen! Eigentlich dachten wir ja eher an Kopfschmerzen oder andere Höhensymptome hier auf über 3.800 m, aber Thomas befällt gleich nach unserer Ankunft eine Grippe, die ihn für drei Tage ans Bett, oder besser, in seine Dachkiste, fesselt. Hinzu kommt, dass auch noch das Wetter umschlägt, und die schönen Hügel um unser Hostal herum sind am nächsten Morgen weiß. Wintereinbruch! Drei Tage lang sitzen wir das schlechte Wetter aus, bei eisiger Kälte und Schneegraupeln, aber das Warten hat sich gelohnt. Nach drei Tagen ist der Spuk vorbei und alles ist überstanden. Thomas’ Grippe und das schlechte Wetter. Endlich können wir uns aufmachen, Puno und den Titicacasee zu erkunden.

Auch wenn Puno nicht zu den Highlights Perus gehört (eher dient es als Versorgungsstützpunkt) bietet es doch einige nette Plätze.

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Vor allem die Hafenpromenade, von der aus man einen schönen Blick auf die Stadt hat sowie auf die Boote, die zu den vorgelagerten Inseln ablegen, gefällt uns sehr gut. Hier befindet sich auch der Kunsthandwerksmarkt, auf dem man natürlich vor allem warme Wollsachen zu günstigen Preisen erstehen kann.

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Aber auch ein Bummel durch die Innenstadt mit ihrem schönen Zentralplatz und Kathedrale lohnt sich auf jeden Fall.

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Hauptattraktion in Puno ist allerdings der Besuch der Islas Flotantes, der einzigartigen schwimmenden Schilfinseln der Urus. Von unserem Hostal müssen wir erst einmal die 11 Kilometer nach Puno überwinden. Unser Auto wollen wir nicht unbedingt mitnehmen, da es angeblich in Puno nicht ganz sicher stehen soll. Und hier bestätigt sich mal wieder: “Die Polizei, dein Freund und Helfer”. Ein Polizeiauto sieht uns am Straßenrand stehen und lädt uns spontan ein, mitzufahren. Auf der Fahrt nach Puno führen wir sehr nette Gespräche mit dem Polizeichef und werden auch noch direkt an unserem Ziel abgeladen. Eine sehr nette Erfahrung.

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Da wir schon übelste Berichte über allzu touristische Ausflüge zu den Schilfinseln gehört haben, entscheiden wir uns für die Variante “nur mit dem Boot hinfahren, ohne Führung”.

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Die 30-minütige Fahrt durch die kleinen Kanäle ist auch tatsächlich sehr schön und geruhsam.

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Schon bald nähern wir uns den ersten Inseln, die gebaut werden, indem immer wieder neue Schichten des schwimmenden “Totora-Schilfs”, das an den seichten Stellen des Titicacasees wächst, aufeinandergelegt werden.

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Wir legen auf der ersten Insel an und stellen fest, dass es ohne Führung wohl doch nicht geht. Wir bekommen viele Informationen über den Bau der Inseln, das Leben auf den Inseln etc.

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Die einzelnen Inseln sind mit dem Untergrund verankert, so dass sie nicht abtreiben können. Zu manchen Gelegenheiten, z.B. großen Hochzeiten, führt man mehrere Inseln zusammen. Alles wird AUS Schilf und AUF Schilf erbaut, lediglich die Küche bekommt einen feuerfesten Unterbau. Sogar Restaurants und Schulen gibt es auf den Inseln und viele der Bewohner haben noch nie ihre Insel verlassen.

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Ein komisches Gefühl, auf den Inseln zu laufen. Der Boden ist weich und federnd. Das Schilf wird regelmäßig von oben ergänzt, da es unten langsam verrottet.

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Dies alles ist sehr interessant und einzigartig auf der Welt, aber leider sehr sehr touristisch. Die einheimischen Frauen in ihren mehrschichtigen bunten Kleidern leben in erster Linie von ihren kunsthandwerklichen Arbeiten, die sie unbedingt an den Mann, oder besser an Touristen, bringen wollen.

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Wir sind die einzigen Nicht-Peruaner unserer Gruppe, und als wir uns als Deutsche outen, erreicht die Peinlichkeit ihren Höhepunkt: die einheimischen Frauen singen für uns lauthals “alle meine Entchen” und klatschen fröhlich in die Hände. Ich singe aus Höflichkeit tapfer mit, Thomas sucht verzweifelt das Loch, in das er sich verkriechen kann.

Fazit unseres Inselbesuchs: absolut sehenswert, aber auf schockierende Weise kommerzialisiert.

Viel besser gefällt uns dagegen der Besuch der Ruinen von Sillustani, ca. eine Fahrstunde von Puno entfernt. Schon die Fahrt dorthin führt durch einsame kleine Orte, fernab von jeglichem Tourismus.

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Die Menschen hier sind sehr freundlich, man winkt uns fröhlich zu und lädt uns immer wieder auf einen kleinen Plausch ein.

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Die Häuser sind mit kleinen Kühen aus Ton geschmückt. Man erklärt uns, dass dies Glück bringen würde…

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Die geheimnisvollen Chullpas von Sillustani liegen wunderschön auf einer Halbinsel im Lago Umayo.

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Chullpas sind Grabtürme, in denen vor allem wichtige Persönlichkeiten und deren Familienangehörige ihre letzte Ruhestätte fanden.

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Die Chullpa des Lagarto ist mit einer Höhe von 12 m der größte Grabturm Südamerikas. Von vorne sieht er noch komplett aus, auf der Rückseite sieht man dagegen, dass er nach den vielen Jahrhunderten zerstört ist, sei es durch Grabräuber oder Witterungsbedingungen.

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Obwohl es Samstag ist, sehen wir nur wenige Touristen, und wir können in Ruhe stundenlang über die landschaftlich wunderschöne Halbinsel wandern.

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Uns hat der Besuch von Sillustani ausgesprochen gut gefallen, und glücklich und zufrieden treten wir die Heimfahrt an. Und jetzt – nach ein paar Kilometern – dann der große Schock: wir hatten uns ja noch Medikamente besorgt für den Fall, dass wir höhenkrank werden:

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Aber wer jetzt tatsächlich höhenkrank wird, ist unser armer Bulli! Was wir schon immer befürchtet haben, tritt jetzt und hier ein: die Warnleuchte “Dieselpartikelfilter voll – sofort zur nächsten Werkstatt” blinkt auf. Wir waren wohl doch zu lange in Höhen über 2.500 m, und der schlechte Diesel in Peru hat wohl sein Übriges getan. Wir fahren zurück zu unserm Hostal und überlegen, wie wir nun weiter vorgehen sollen. Ersatzteil aus Deutschland bestellen und einbauen ist zu teuer und dauert wahrscheinlich viele Wochen. Die Innereien des Dieselfilters zu entfernen, ist die brutalste und nur eine letzte Notlösung. Also bleibt nur eine Routenumplanung. Unsere geplante Tour nach Bolivien scheidet aus, das wären noch mehrere Tausend Kilometer in ca. 4.000 m. Die nächste Werkstatt, die wir sofort aufsuchen sollen, liegt 300 km entfernt in Arequipa, 250 davon auf knapp 4.000 m, und dazwischen ein Pass von 4.500 m. Ob wir das schaffen? Mario, der Besitzer unsere Hostals, kümmert sich rührend um uns und versucht, mit allen Mitteln zu helfen.

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Am 18. August machen wir uns also auf den Rückweg nach Arequipa und “freuen” uns besonders, dass wir nochmal durch unserer “geliebtes” Juliaca müssen. Bolivien fällt also aus, Cusco mit Machu Picchu auch, alles viel zu hoch… Als wir nach sechs Stunden Fahrt endlich wieder in Arequipa ankommen, erlischt die Warnlampe genau auf 2.500 m, der Bulli kann endlich wieder durchatmen. Auf unserem “alten” Campground Las Mercedes treffen wir zu unserer Freude wieder die netten Franzosen Alain und Sylviane. Auch sie mussten ihre Reise in die Berge abbrechen, da ihr VW-Bus auch Probleme hatte. Geteiltes Leid…

Gleich am nächsten Morgen bringen wir unser Auto in die VW-Werkstatt und man prüft den Bulli auf Herz und Nieren. Der Scan-Bericht ergibt (auch nach Rücksprache mit Lima), dass im Moment alles wieder in Ordnung sei, solange wir nicht zu lange zu hoch hinauf fahren. Wir fahren also weiter ans Meer, wo wir in Tacna die Grenze nach Chile überschreiten wollen. Unterwegs finden wir noch ein paar schöne einsame Übernachtungsplätze: Am Meer hoch über den Klippen…

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… oder in einsamen Bergtälern…

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Die letzte größere Stadt vor der chilenischen Grenze ist Tacna mit ihrer schönen Kathedrale…

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… und dem Brunnen von Gustave Eiffel, der wohl in ganz Lateinamerika seine Spuren hinterlassen hat:

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Es ist Sonntag, und die ganze Stadt ist geschmückt und feiert. Wir fragen fünf verschiedene Personen, was denn gefeiert wird, und bekommen fünf verschiedene Antworten: “98-Jahrfeier der Stadt”. “86-Jahrfeier der Stadt”. “28-Jahrfeier der Stadt”. Zwei zucken einfach nur mit den Schultern. Ist auch egal – Hauptsache, es wird gefeiert, schön laut und schön bunt.

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Mit diesen bunten und fröhlichen Bildern verlassen wir am 23. August nach knapp zwei Monaten Peru. Die chilenische Grenze liegt nur 30 Kilometer entfernt.

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Und diese bunten und fröhlichen Bilder stehen stellvertretend für den Eindruck, den wir von Peru mitnehmen: ein wunderschönes Land mit atemberaubenden Landschaften und beeindruckender Inka-Kultur. Und vor allem mit wunderbaren und gastfreundlichen Menschen. Erzählungen von korrupten Polizisten, gefährlichen Städten oder schlechter Versorgungslage müssen wir vehement dementieren. Die Campingplätze waren schön und komfortabel, zum großen Teil haben wir auch “wild” gecampt und uns zu keiner Zeit unsicher gefühlt. Wir haben nur gute Erinnerungen und sind begeistert von diesem Land. Selbst der Grenzübergang ist absolut unkompliziert, und schon kurze Zeit später sind wir in Chile, auf das wir jetzt sehr gespannt sind.

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Unsere Strecke von Arequipa über den Titicacasee zur chilenischen Grenze bei Tacna (1.239 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 73.505 km.

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Blog erstellt am 26.08.2015, auf dem Altiplano im Lauca Nationalpark, Chile.

Freitag, 14. August 2015

61: Peru: Reserva Nacional de Paracas nach Arequipa (30.07.-09.08.2015)


Premiere! Der erste Blogeintrag, der mit Handschuhen verfasst wird. Seit zwei Tagen sind wir am Titicacasee, und das Wetter hier oben ist auch entsprechend “caca”! Schneeregen, Graupelschauer, Schneeregen, Graupelschauer… Die Tageszeitungen sind voll mit Berichten über die armen Menschen, die heute Nacht auf den verschneiten Straßen gestrandet sind und völlig vom Wintereinbruch überrascht wurden. Und hier auf über 3.800 m funktioniert ja unsere Heizung nicht. Wir verbringen den ganzen Tag im Auto, eingehüllt in mehrere Lagen Fleece und Schlafsack. Eventuelle Tippfehler und andere Ungereimtheiten sind also diesen extremen Wetterbedingungen geschuldet.

Aber erst einmal zehn Tage zurück, zu den warmen Temperaturen am Meer, wo wir so herrliche Tage in der Wüste des Nationalparks Paracas verbracht haben. Nachdem wir uns von unseren kanadischen Freunden Daniel und Danielle getrennt haben, fahren wir immer weiter in die unberührte Wüste hinein und finden schon bald unseren Traumstellplatz: auf einer Klippe direkt im Meer, fernab jeglicher Zivilisation:

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Wir sind uns einig: dieser Platz verdient die Auszeichnung “schönster Stellplatz der Reise”. Wir richten uns gemütlich ein, und vor lauter Euphorie vergessen wir, dass es auch hier in Peru so etwas gibt wie Ebbe und Flut. Und so werden wir ein paar Stunden später auch tatsächlich von wild schäumender Gischt von unserem Traumplatz vertrieben.

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Aber kein Problem: wir verlegen uns einfach ein paar Höhenmeter nach oben, hoch auf die Klippen über dem Meer, und finden hier einen nicht weniger schönen Platz, auf dem wir drei Nächte verbringen. Und hier mal wieder ein Suchbild: wo ist der Bulli?

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Gerne wären wir länger geblieben, aber irgendwann ist der letzte Tropfen Wasser aufgebraucht, und die letzte Haferflocke verspeist, und wir machen uns auf den Weg zurück in die Zivilisation. Aber nach der Wüste ist vor der Wüste, und auf uns wartet die herrlich gelegene Oase Huacachina bei Ica. Huacachina ist ein Miniort, der von gebirgsartigen Sanddünen umgeben ist. Diese friedliche Oase war früher ein Resort, das für die peruanische Elite erbaut wurde. Heute ist es ein Abenteuerspielplatz, und man sieht mehr Dune-Buggies und Bierlaster als normale PKWs.

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Mehr als die Lagune und der von Backpackern überrannte Ort locken uns natürlich die hohen Sanddünen. Und – noch mehr – die Schiausrüstung, die man sich hier zum Sandschifahren ausleihen kann:

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Allein beim Anblick der Schistiefel springt einem jedoch schon der Fußpilz entgegen, und so entschließen wir uns, die Besteigung zu Fuß in Angriff zu nehmen.

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Der Aufstieg gestaltet sich anstrengender als gedacht, und die letzten Höhenmeter sind so steil, dass wir auf allen Vieren weiter krabbeln, denn der feine Sand macht ein Vorankommen fast unmöglich. Aber irgendwann haben wir es geschafft und sind begeistert von dem Blick auf die nahe Stadt Ica auf der einen Seite…

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… und das schier endlose Sandmeer auf der anderen Seite:

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Erinnerungen an unsere vielen Wüstenabenteuer werden wach und wir können uns an dem vielen Sand gar nicht sattsehen.

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Zum Glück gestaltet sich der Abstieg viel viel einfacher, und wie auf Schiern rutschen wir viel zu schnell die Sanddüne hinab, die wir uns so mühsam hinaufgequält haben:

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Leider finden wir in Huacachina keinen geeigneten Platz für die Nacht, und so heißt es jetzt richtig Gas geben, damit wir vor Einbruch der Dunkelheit noch in Nazca ankommen, unserem nächsten Ziel. Hier finden wir eine wunderschöne und ruhige Unterkunft im Fundo San Rafael – mal wieder einem Pferdehof. Bei so vielen Pferdehöfen und so vielen Haferflocken (wir fahren inzwischen immer eine Mindestmenge von ca. 7 kg mit uns herum), bleibt es wirklich abzuwarten, ob wir nicht doch irgendwann zu wiehern anfangen.

Der Ort Nazca ist eigentlich nichts Besonderes, aber weltberühmt durch seine Nazca-Linien. 1939 entdeckte man auf einem Flug diese rätselhaften Sandlinien in der knochentrockenen Wüstenlandschaft. Aus der Luft sieht das so aus – hier der berühmte Kolibri:

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Auf einer Ebene von ca. 500 km² bilden diese Scharrbilder ein Netz von über 800 Linien, 300 Geoglyphen (geometrischen Figuren) und ca. 70 Tier- und Pflanzenzeichnungen. Entstanden sind die Bilder durch Entfernung der oberen dunklen Gesteinsschicht. Man nimmt an, dass die Geoglyphen während der Zeit der Nazca-Kultur entstanden sind, die zeitlich zwischen 200 v. Chr. und 600 n. Chr. anzusiedeln ist. Heute weiß man, dass die ältesten Figuren bereits etwa zwischen 800 v. Chr. und 200 v. Chr. in der Zeit der Paracas-Periode entstanden sind.

So richtig erschließen sich die Figuren einem nur aus der Luft, aber uns ist der Flug zu teuer und wir begnügen uns mit einem Blick vom Mirador an der Panamericana, 20 km nördlich von Nazca.

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Von hier oben hat man einen schönen Blick auf wenigstens zwei der berühmten Scharrbilder.

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Der Baum:

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Die Hand:

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Ein Übersichtsplan zeigt, was man aus der Luft noch alles entdecken könnte:

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Gut gefällt uns von hier oben auch der Blick auf die Panamericana, die hier schnurgerade durch die Wüste führt:

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Aber Nazca hat nicht nur seine weltberühmten Scharrbilder zu bieten. Wer Lust auf Ruinen hat, der findet hier auch alte Aquädukte und die Ruinen des ehemaligen Inka-Verwaltungssitzes:

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Und den Cerro Blanco, die mit 2.078 m angeblich höchste Sanddüne der Welt. Obwohl sich über diese Aussage alle Reiseführer einig sind, sind wir doch etwas misstrauisch. Wahrscheinlich ist es die höchst GELEGENE Sanddüne der Welt. Aber egal, schön anzuschauen und leider nur mit Führer zu besteigen:

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Von Nazca aus geht’s wieder Richtung Meer, und unser Tagesziel für heute ist Puerto Inka. Hier, an dem wunderschönen Campingplatz des Hotels Puerto Inka, wollen wir übernachten und uns die Inkaruinen anschauen. Schon von weitem sehen wir das Hotel in der Bucht und freuen uns, dass wir scheinbar die einzigen Gäste sind.

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Doch beim Näherkommen wird das Bumm-Bumm der Lautsprecherboxen immer lauter und wir müssen leider feststellen, dass eine große Gruppe Jugendlicher gerade heute hier eine große Party veranstaltet. Wir entschließen uns weiterzufahren. Das heißt, “ICH entschließe uns”, denn Thomas ist wie immer leidensfähig und völlig immun gegen nächtliche Ruhestörung aller Art. Aber vorher besuchen wir natürlich trotzdem noch die wunderschön gelegenen Inka-Ruinen.

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Die Weiterfahrt auf der Panamericana ist spektakulär. Man fährt fast ausschließlich direkt am Meer entlang.

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Schwierig wird es nur, einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden, denn es geht stundenlang direkt an den Klippen entlang. Auf der einen Seite die Felsen, auf der anderen das Meer.

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Aber in einer gewagten Harakiri-Aktion wendet Thomas und biegt in ein ausgetrocknetes Wadi ein, wo wir zwar direkt neben der Panamericana, aber schön versteckt und nicht einzusehen, eine ruhige Nacht verbringen.

Am nächsten Tag verlassen wir schon bald die Küste in Richtung Arequipa, wo wir am Sonntag Nachmittag im Hostal Las Mercedes eintreffen und zu unserer großen Freude altbekannte Reisende und zu unserer noch größeren Freude Daniel und Danielle wieder treffen. Zusammen verbringen wir eine Woche auf diesem sehr schönen und praktisch gelegenen Campingplatz. Von hier aus kann man in 10 Minuten zu Fuß in das Stadtzentrum laufen und in nur 5 Minuten zum großen Supermarkt PlazaVea, der uns täglich frische Semmeln und viele europäische Leckereien aus lokaler Herstellung auf den Tisch zaubert. Willkommen im Schlaraffenland!

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Arequipa liegt auf einer Höhe von 2.300 m und gehört seit 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe. Die Stadt ist eingerahmt von drei Vulkanen, dem perfekt kegelförmigen Vulkan Misti (5.822 m), dem zerklüfteten Chachani (6.057 m) und dem etwas entfernteren Picchu Picchu (5.571 m).

Steigt man auf die Brücke direkt neben dem Campingplatz, hat man eine herrliche Aussicht auf diese hohen Berge:

Links der Chachani…

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… und rechts der Misti und der Picchu Picchu:

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Arequipa schmückt sich mit dem Beinamen “die weiße Stadt”. Die Gelehrten, d.h. die verschiedenen Reiseführer, streiten sich, woher der Name kommt: er bezieht sich wahrscheinlich nicht auf das weiße Sillar-Gestein vulkanischen Ursprungs, mit dem viele der alten historischen Gebäude im Zentrum Arequipas erbaut wurden, sondern eher auf die hellere Hautfarbe der einstmals im Stadtzentrum lebenden spanischstämmigen Bewohner, die es den Einheimischen verboten, in der Innenstadt zu leben.

Wie auch immer, die grandiosen kolonialen Gebäude aus weiß getünchtem Vulkangestein sind einfach wunderschön.

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Die meisten der Gebäude sind mit sehr schönen Reliefs verziert:

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Das Hauptleben spielt sich auf der zentral gelegenen Plaza de Armas ab. Egal, ob bei Tag oder bei Nacht, man kann hier Stunden verbringen.

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Hinter der sehr schönen Kathedrale an der Plaza de Armas blitzt auch wieder der Misti hervor:

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Besonders gut gefällt es uns hier am Abend, und wir treffen uns mit unseren Freunden auf der Dachterrasse des Restaurants “on the Terrace”, um hier bei einem leckeren Pisco Sour den Sonnenuntergang über der Stadt zu genießen:

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Aber Arequipa ist nicht nur eine tolle Stadt wegen der Gebäude, man kann hier alles erledigen, kaufen, organisieren. Wir nutzen den Aufenthalt zu einem VW-Service, der mal wieder fällig ist, und sind mal wieder beeindruckt von der korrekten und guten Arbeit bei vergleichsweise günstigen Preisen.

Zwischen VW- und Besichtigungsterminen bummeln wir vergnügt durch die Stadt mit ihren unzähligen Märkten, Buchläden, Restaurants, Cafés. Es gibt hier wirklich alles, und zwar schön sortiert. Mal findet man eine ganze Straße nur Gitarren, dann eine ganze Straße Brillen, dann eine ganze Straße Alkohol, dann eine ganze Straße nur Töpfe…

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Aber auch hier gilt: “it’s all about Alpaka”. Es gibt Hunderte von Woll-Läden, die Mützen, Socken, Schals und andere warme Dinge vom Lama verkaufen. Erst mal muss man lernen, wie viele verschiedene Lama-Arten es gibt und wie viele verschiedene Wollarten.

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Auch wir schlagen zu und decken uns mit warmen Mützen ein. Fotos dazu gibt’s im nächsten Blog “auf den kalten hohen Anden” oder in der Satirezeitschrift “lustige Kopfbedeckungen für den Karneval”.

Natürlich gibt es auch jede Menge Märkte, und die vielen verschiedenen Kartoffelstände ziehen uns wie immer magisch an.

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Auf den ausgedehnten Stadtspaziergängen kann man sich an jeder Straßenecke mit peruanischen Köstlichkeiten stärken. Lange Zeit machen wir einen Bogen um den “Queso Helado”. “Gefrorener Käse”?? Igitt, klingt ja schauerlich. Aber schließlich besiegt die Neugier den Ekel und wir sind total begeistert, wie gut dieses Eis schmeckt, das überhaupt nichts mit Käse zu tun hat. Schmeckt eher nach Malagaeis ohne Rumrosinen. Köstlich und lecker. Zum Glück haben wir das erst jetzt entdeckt, denn kalorienreich ist es allemal.

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Bei einer Arequipa-Besichtigung darf natürlich auf keinen Fall ein Besuch der jesuitischen Iglesia de la Companía de Jesús fehlen, eine der ältesten Kirchen in Arequipa. Die aufwendige Hauptfassade ist wunderschön anzusehen und die Goldverzierungen im Innern sind sehr beeindruckend:

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Aber nicht nur die vielen schönen Kirchen sind einen Besuch wert, auch die gut erhaltenen Herrenhäuser mit ihren herrlichen Innenhöfen wie die Casa del Moral sind ein weiteres Muss:

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Hier in Arequipa sehen wir zum ersten Mal die mobilen Schreibbüros. Ich sehe mich schon in München mit meinen Laptop in der Fußgängerzone sitzen und Schreibdienste aller Art und allen Ortens zu erledigen. Keine schlechte Geschäftsidee!

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Wir haben Glück, zur Zeit wird die 475-Jahr-Feier von Arequipa zelebriert. Überall in den Straßen gibt es Konzerte, Paraden, Feiern.

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Immer wieder gefallen uns auch die Trachten der einheimischen Frauen. Wir wissen noch immer nicht, wie viele Schichten der bunten Röcke die Frauen tragen. Es sieht auf jeden Fall hübsch, warm und bequem aus.

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Absolutes Highlight unseres Arequipa-Besuchs ist die Besichtigung des Monasterio Santa Catalina. Dieses Kloster nimmt einen ganzen Block ein, ist von hohen, imposanten Mauern geschützt und praktisch eine Stadt in der Stadt. Die Gassen der Anlage sind nach spanischen Städten benannt.

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Das Kloster wurde 1579 von der wohlhabenden Witwe María de Guzmán gegründet. Ursprünglich war das Kloster eine Internatsschule für die Töchter reicher spanischstämmiger Familien, die von den Nonnen unterrichtet wurden. Santa Catalina beherbergte zeitweise bis zu 150 Nonnen und 300 Bedienstete. Heute leben nur noch etwa 20 Nonnen in einem Seitenflügel des Klosters. Der überwiegende Teil der Klostergebäude kann besichtigt werden. Wir legen unseren Besuch auf einen Donnerstag, denn Dienstag und Donnerstag hat das Kloster bis 21.00 h geöffnet, und gerade während der Abendstunden herrscht eine ganz besondere Atmosphäre.

Hier ein paar Eindrücke während der letzten Minuten vor Sonnenuntergang:

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Nach Sonnenuntergang wird die ganze Anlage in ein herrliches Licht getaucht. Die großen Touristengruppen verschwinden, der Nachtwächter macht seine Runden und zündet die netten Gaslampen an, in einigen der kargen Gebäude lodert ein Feuerchen. An alle “Nachfahrer”: wenn möglich, unbedingt den Besuch für Dienstag oder Donnerstag einplanen, damit man diese herrliche Abendstimmung einfangen kann!

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Besonderes Glück haben wir, da gerade an diesem Abend in der Pinakothek des Klosters ein Klavierkonzert des chinesisch-amerikanischen Pianisten Mei Ting Sun stattfindet. Veranstalter ist das deutsch-peruanische Kulturinstitut, und wir werden vom Schirmherrn zum Konzert eingeladen. Wir genießen die virtuos dargebotenen Werke von Scarlatti, Beethoven und Chopin.

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Die perfekten Klavierklänge vor der perfekten Kulisse des Klosters machen unsere Besichtigung zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Und nach so viel Kultur zieht’s uns wieder in die Berge. Nach einem letzten Blick auf den Misti…

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…  geht’s hoch hinauf nach Puno zum Titicacasee, eben jenem kalten Ort, der das Schreiben am PC so schwer macht. Weiteres dazu im nächsten Blog.

 

Unsere Strecke von der Reserva Nacional de Paracas nach Arequipa (857 km) – Gesamtkilometer bis jetzt: 72.266 km.

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Blog erstellt am 13.08.2015, in Puno am Titicacasee im Hostal Casa Blanca, Peru.